Bericht des Rheingau-Echo: Ausgabe: 2001 / Woche 26

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Von Rosen, Liebe und Wein

Regina Berlinghof und Shahram Moghaddam luden zu musikalisch-literarischer Lesung

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Geisenheim. (chk) – “Auf und trinke
den Wein im Rosenbeet, weil die Dau-
er der Ros’ so flüchtig ist. Itzt sind die
Tage der Lust, genieß, genieß!” las
Regina Berlinghof im Hörsaal 10 von
Schloß Monrepos. Vor ihr auf dem
Tisch standen zwei duftende persi-
sche Rosen, hinter ihr der gläserne Er-
ker, der dem Publikum den Blick auf
den Park freigab. So kontemplativ wie
diese Kulisse und so sinnlich wie die
vorgetragene Lyrik war auch die Musik
von Shahram Moghaddam. Er um-
rahmte die Lesung mit Gitarre und Ge-
sang. Einige der vorgetragenen Hafis-
Lieder hat er selbst vertont.

Die Schriftstellerin Regina Berlinghof
rezitierte nicht nur lyrische Hafis-Texte
aus dem “Diwan”, sie erzählte auch
viel aus dem Leben des Dichters und
vom Einfluß, den er auf Goethe hatte.

Mohammed Shams ed-Din, genannt
Hafis, lebte von 1326 bis 1390 in Schi-
ras in Persien. Er gilt als der größte
Dichter Persiens. “Hafis” ist der Ehren-
name für diejenigen, die den Koran
auswendig beherrschen. Daß Hafis in
seinen Gedichten nicht nur Gott und
den Koran verherrlichte, sondern die
Schönheit der Natur, die Geliebte, die
Liebe, Gesang, Tanz und Wein feierte,
brachte ihn mit den Frommen in Kon-
flikt, die er jedoch mit loser Zunge ver-
spottete. “Hafis hatte keine Angst vor
der göttlichen Vergeltung, er fühlte
sich geborgen in Gottes Liebe,” er-
zählte Regina Berlinghof, “seine Liebe
zu Gott drückte sich ganz irdisch-kon-
kret aus in der Liebe zum Wein und zur
Geliebten.” Als Goethe 1813 die Ge-
dichte Hafis’, zusammengefaßt in “Der
Diwan” in der Übersetzung von Jo-
seph von Hammer-Purgstall entdeck-
te, entzündeten sie seine dichterische
Phantasie und inspirierten ihn zu ei-
nem neuen Schaffensrausch, in dem
der “West-Östliche Divan” entstand.
“In Hafis fand Goethe über die Zeiten
und Kulturen hinweg eine Zwillings-
seele”, sagte Regina Berlinghof. Er
nannte ihn den “heiligen Hafis”. Und
Goethe dichtete: “Herrlich ist der
Orient übers Mittelmeer gedrungen.
Nur wer Hafis liebt und kennt, weiß
was Calderon gesungen.”

Um die Nachtigall, die Rosen, den
Wein, die Liebe ging es immer wieder
in den von Regina Berlinghof rezitier-
ten Hafis-Texten: “Ford’re Wein und
streue Rosen ...” oder “So vertraulich
war die Liebe, daß die Scham die
Flucht ergriffen ...” oder “Der Weise hat
im Glanz des Weines Verborgenes er-
kannt ... , den Wert der Rose hat allein
die Nachtigall erkannt” oder “Welch
ein seltener Pfad! Der Liebe Pfad, wo
der Führende selbst verirret ist. Willst
Du leben mit uns, wasch aus dein
Buch, weil, was die Liebe dich lehrt, im
Buch nicht ist.” Regina Berlinghof lebt
als freie Schriftstellerin und Verlegerin
in Kelkheim. Sie hat unter anderem
den Roman “Mirjam. Maria Magdalena
und Jesus” geschrieben. In ihrem “Yi-
nYang Media Verlag” hat sie 1999 – zu
Goethes 250. Geburtstag – die erste
deutsche Gesamtausgabe von Hafis’
“Der Diwan” in der Übersetzung von
Joseph Hammer-Purgstall als preis-
werten Reprint in zwei Bänden her-
ausgegeben. Shahram Moghaddam
wurde 1969 in Teheran geboren und
steht zur Zeit im Examen für Klavier
und Gitarre an der Musikakademie in
Wiesbaden. Mit einem meisterhaft und
empfindsam wirkenden musikalischen
Vortrag, mit in persisch gesungenen
Liedern, nahm er die Zuhörer mit in
Hafis’ Welt. Das aufmerksame Publi-
kum honorierte die musikalisch-litera-
rische Lesung der beiden Künstler mit
begeistertem und langanhaltendem
Applaus. Begeistert zeigte sich auch
Karla Kamps-Haller, deren Einladung
Regina Berlinghof und Shahram Mog-
haddam nach Geisenheim gefolgt wa-
ren. Karla Kamps-Haller ist Leiterin
der zentralen Arbeitsstelle für wissen-
schaftliche Weiterbildung an der Fach-
hochschule Wiesbaden, die zusam-
men mit dem Geisenheimer Fachbe-
reich Gartenbau und Landespflege zu
der musikalisch-literarischen Lesung
eingeladen hatte.

 

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