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LESERBRIEF AN DIE FAZ, nicht
abgedruckt
14. Januar 2001
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Redaktion Leserbriefe
Peitschenhiebe wegen anstößiger Kleidung, Alkohol und
obszöner Musik -
Der Bericht Christiane Hoffmanns vom 13.1.2001
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist wirklich erschreckend, die Entwicklung im Iran zu verfolgen,
wo die fundamentalistischen Mullahherrscher wieder mit Knüppeln, Peitschenhieben,
willkürlichen Verhaftungen und Unrechtsurteilen Menschen und Menschenrechte
verfolgen. Daher ist es dankenswert und wichtig, daß Sie so ausführlich
darüber berichten, auch heute in der Sonntagszeitung. Mich hat Christianes
Hoffmanns Hinweis gefreut, daß es durchaus religiöse Muslime
gibt, die die Freiheit und Menschenrechte gegen die Hardliner verteidigen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein paar Zitate des großen
persischen Dichters und Mystikers Hafis beisteuern, der im 14. Jahrhundert
wegen seiner freien und freisinnigen Liebes- und Trinkliedern von den "Überfrommen"
seiner Zeit angefeindet wurde. Er antwortete seinen Gegnern mit folgenden
Versen:
(ich zitiere nach der ersten deutschen Gesamtausgabe durch Joseph von
Hammer, 1812/13, neu aufgelegt 1999 im YinYang Media Verlag, Kelkheim)
Du frommer Mann, verlästre nicht die Trinker,
Man schreibt die fremden Sünden nicht auf dich.
Ich sei nun böse oder gut. Sei ruhig,
ein jeder erntet ein, was er gesät
Auf Gottes Gnade laß mich nicht verzweifeln,
was weißt du, wer verdammt, wer selig wird?
Band I, 103
Da mich der Herr zum Trunke bestimmt hat,
Sag, Frommer, hab ich hiervon die Schuld?
...
Als in den Schenken mir mein Wille ward,
Da dünkte Schul' und Kloster mir gleich schwarz.
Ich bettle nicht an jedem Tor, Hafis,
Denn du gelangest nur durch Gott zum Ziel.
Band II, 350
Wem ein Glas voll rothen Weins
Morgens ward gegeben,
Ward ein Platz im Heiligthum
Bey dem Herrn gegeben.
Sey kein Frömmling, schaue nicht
viel um her auf Trunk'ne
Ihnen war am Loosetag
Liebeshang gegeben.
Schenke bring den Rosenwein
Der nach Moschus duftet,
Weil die Überweisen mir
So viel Ärger geben.
Wahrlich! nicht verkostet hat
Vom Genuß des Lebens,
Welchem die Verheißung auf
Morgen ward gegeben.
Gerne tut Hafis Verzicht
auf die Paradiese,
Wird ihm deines Heiligtums
Hochgenuß gegeben
Hafis, Band I, 426
Wollte wegen jeder Sünde
Gott der Herr den Sünder greifen.
Oh da würde Weh und Klagen
Eine ganze Welt ergreifen.
Band I, 434
Die Mullahs (Priester), die mit Stuhl und Pult,
in Kirchen gar so heilig tun,
Sie werden in der Einsamkeit
das Gegenteil desselben tun.
Ich habe einen Zweifel, frag
den Weisen der Gemeind darum,
Warum die Buße-Prediger
Denn selbst so wenig Buße tun?
Nach allem Anschein glauben sie
Nicht an die Stunde des Gerichts,
Weil sie mit Trug und Gleißnerei
soviel des Ärgernisses tun.
Geleite diese Zunft, o Herr!
Zu ihrem Eselsstall zurück!
Ihr Übermut rührt bloß daher,
Weil sie mit Striegeln nichts zu tun.
Hafis, Band I, 233
Es ist mir klar, daß in einem Leserbrief nicht alle Gedichte abgedruckt
werden können. Nehmen Sie zur Auswahl, was Ihnen zusagt.
Mit freundlichen Grüßen
Regina Berlinghof
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