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LESERBRIEF AN DIE FAZ,
nicht abgedruckt
22. September 2002
Das Seligsprechungsverfahren des Pfarrers Geog
Häfner, Würzburg
FAZ vom 20.09.2002
Sehr geehrte Damen und Herren,
die FAZ berichtet im Feuilleton vom 20.9.2002 von der geplanten Seligsprechung
des Würzburger Pfarrers Georg Häfner, der im KZ Dachau verhungerte.
Das Martyrium des Pfarrers im KZ ist wie das seiner Leidensgenossen unzweifelhaft.
Für mich ist ebenso unzweifelhaft die Seligheit, ja Heiligkeit des
Pfarrers - denn in Gott oder als Geschöpfe des Göttlichen sind
wir alle selig und heilig.
Wenn die katholische Kirche aber glaubt, daß manche Menschen
seliger oder heiliger sind als andere und dies von den Verdiensten zu Lebzeiten
abhängig macht, dann erscheint mir die Seligsprechung von Georg Häfner
mehr als fragwürdig.
Ich zitiere aus der FAZ: "Ins Konzentrationslager brachte Häfner
ein scheinbar banaler Vorfall: Ein "Parteigenosse" war standesamtlich in
zweiter Ehe verheiratet. Um ihn auf dem Sterbebett mit der Kirche (!) zu
versöhnen und so eine kirchliche Bestattung zu ermöglichen, ließ
ihn Pfarrer Häfner eine Erklärung unterzeichnen. Darin bekannte
der Sterbende, daß er seine zweite Ehe vor Gott und seinem Gewissen
für ungültig halte. Den damaligen kirchlichen Vorschriften gemäß
wurde das Dokument bei der Beerdigung verlesen. Die örtlichen Parteigrößen
empfanden den Vorgang als Demütigung und schalteten die Gestapo ein.
Im Oktober 1941 wurde Häfner in Untersuchungshaft genommen." Kurz
danach wurde er ins KZ Dachau überführt, wo er zwei Jahre später
starb.
Was ist das für ein "seliger" Pfarrer, der einen Sterbenden zwingt,
seine Liebe, seine Frau, vor Gott und den Menschen zu verraten, nur um
ihn mit der Kirche zu versöhnen - von Gott ist nicht die Rede. Es
wäre vor Gott auch nicht nötig gewesen! Sicher, solche Bekenntnisse
waren wie das Schlagen, d.h. "Züchtigen" von Kindern, von dem ebenfalls
berichtet wird, eine damals übliche Praxis. Aber noch 1985 wurde meinem
katholischen Vater ein kirchliches Begräbnis verweigert, weil er (1943,
ausgerechnet in Würzburg) eine evangelische Frau geheiratet hatte
und seine Kinder evangelisch taufen ließ. Die Zahlung der Kirchensteuer
nahm die Kirche jedoch unwidersprochen jahrelang entgegen. Der evangelische
Pfarrer übernahm in christlicher Liebe den Beerdigungsgottesdienst
und die Begleitung zum Grab. Ich will damit keineswegs die
Verhaftung des Pfarrers und die KZ-Internierung rechtfertigen. Kein Mensch
kam rechtmäßig in die Kerker der Gestapo oder in die KZs.
Das Schlimme bei dem Seligsprechungsverfahren ist jedoch, daß
nicht einem der heutigen Würdenträger das Ungeheuerliche dieses
erzwungenen Liebesverrats aufdämmert. Hier herrscht nicht der Gott
der Liebe, sondern der Gott der Macht und des Verrats - nicht der liebende
Jesus ist die Leitfigur der Kirche, sondern Judas, der Verräter. Liebe,
Frauen und Kinder zählen in der Kirche auch heute noch keinen Deut.
Erst der Druck der Öffentlichkeit machte den Kirchenoberen das Schändliche
der Päderastie bewußt. Offensichtlich braucht die Kirche
noch immer den Druck von außen, um auch den verratenen Frauen, Männern
und Liebenden Gerechtigkeit werden zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen,
Regina Berlinghof
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