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LESERBRIEF AN DIE FAZ, nicht abgedruckt
 

24. Oktober 2003  

Thetanitarismus, Sekten und Yin und Yang
zur Feuilletonglosse von heute – von „kau“

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Glosse gegen den Sektenwahn, gegen Scientology und insbesondre gegen die Verharmlosung durch staatliche bzw. staatlich unterstützte Stellen ist sehr löblich. Wieso Sie jedoch in diesem Zusammenhang die Symbole Yin und Yang erwähnen – noch dazu falsch geschrieben (das weibliche Yin schreibt sich ohne g am Schluß) – ist mir unerfindlich. Vielleicht gibt es irgendwo in Asien eine Yin-und-Yang-Sekte. Hierzulande ist mir eine solche Organisation unbekannt. Die altchinesische Vorstellung vom Wandel aller Dinge, symbolisiert durch die Gegensätze von Yin und Yang, also hell und dunkel, männlich und weiblich, hart und weich, Berg und Tal usw., wurzelt im ältesten Orakel- und Weisheitsbuch der Chinesen, dem I Ging. Es beeinflußte schon das Denken des Konfuzius und Lao Tse im 5. Jahrhundert v. Chr. Nach dieser Vorstellung sind alle Dinge gleichwertig, sie werden nicht verteufelt. Das alttestamentarische „Jedes Ding hat seine Zeit“ des Predigers Salomos und die Philosophie des Heraklit können als abendländische Pendants angesehen werden.

Wenn Sie nach aktuellen und nahen Beispielen für sektenhafte Unterwerfung des Menschen in eine hierarchische, auf blinden Gehorsam gegründete und völlig undemokratische Organisation suchen, die sich noch dazu erfolgreich jeglicher staatlich-richterlichen Kontrolle entzieht, so werden sie im römisch-katholischen Corpus Iuris Canonici und dem Konkordat von 1933 (!) fündig, die noch heute gelten. Merke: eine Sekte ist dann keine Sekte mehr, wenn sie sich zur Staatskirche gemausert hat.

Mit freundlichen Grüßen,
Regina Berlinghof
Verlegerin des YinYang Media Verlages


 

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