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LESERBRIEF AN DIE FAZ, nicht abgedruckt
18. Februar 2004
Sehnsucht
nach Gott – Artikel in der Sonntagszeitung vom 15.2.04
Sehr geehrte Damen
und Herren,
gibt es
etwas Traurigeres als unerfüllte Sehnsucht? Nur Weniges. Aber noch
trauriger ist sicher der Glaube, daß das Ziel der Sehnsucht nie
erreicht werden könne. Und was ist das für ein Glaube, wenn
ein Nonne sagt: „Von den älteren Mitschwestern weiß
ich, daß die Sehnsucht nach ihm (Gott) mit den Jahren immer
stärker wird. Erfüllt wird sie nie.“??
Und ganz
passend dazu das Zitat eines Jesuiten: „…Verzicht auf
Sexualität [ist] ein Verlust, den jeder, der Gott ganz und gar
dienen will, in Kauf nehmen muß. ‚Das ist der Preis der
unbedingten Treue zu Gott.’ … Eine Treue, die den Jesuiten
erst die Kraft gebe, ganz für ihre Mitmenschen dazusein.
Mit dem
Verzicht auf die Sexualität sind vermutlich die kryptischen Worte
des Paulus gemeint mit dem „Verschneiden um des Himmels
willen“. Von Jesus gibt es kein Wort zur absoluten sexuellen
Enthaltsamkeit, auch nicht in den Evangelien.
Muß
wirklich erst ein Engel wie in Abrahams Zeiten eingreifen, um den
religiösen Wahnsinn zu stoppen? Damals glaubten die Anhänger
des Moloch, ihre neugeborenen Kinder den Göttern opfern zu
müssen, um ihnen wahrhaft zu dienen. Und selbst Abraham war noch
nicht frei. Er glaubte, Gott verlange die Opferung seines Sohnes Isaak.
Und Abraham ging hin, führte Isaak zum Opferstein und glaubte, ein
gehorsamer Diener Gottes zu sein. Ein gnädiger Engel verhinderte
die Opferung des Isaak.
Zu Jesu
Zeiten glaubte man noch an die Opferung von Tieren. Gott will kein
Blut, sagte Jesus.
Dafür
lehrt die katholische Kirche nun, daß Jesus sich selbst geopfert
habe und trinkt regelmäßig sein „Opferblut“ im
Abendmahl.
Und noch
immer werden im Namen Gottes Opfer verlangt und erbracht, die keinem
liebenden Gott je in den Sinn kommen würden: den Verzicht auf
Sexualität, den Verzicht auf die persönliche
körperliche, seelische und geistige Entwicklung, den Verzicht auf
den eigenen Willen – und damit auf die eigene Verantwortung.
Zölibat,
Gehorsam, Armut – es sind alles Mittel, um die Menschen im
Stande der Kindlichkeit zu halten, sie nicht zu freien und
mündigen Menschen werden zu lassen.
So bleibt
ihnen nur die Sehnsucht – die Sehnsucht nach einer Liebe und
Liebeserfahrung, die den erwachsenen Menschen kennzeichnet. Eine Liebe,
die auch den eigenen Körper, die innerste Natur einschließt.
Eine Liebe, in der Körper, Seele, Geist zu einem Ganzen werden
– so daß der Mensch seine Ganzheit erfährt. Und den
Kern der göttlichen Liebe in sich selbst erkennt. Eine Erfahrung,
in der Mensch, Gott und Natur nicht mehr getrennt sind. Es ist eine
Erfahrung des Lebenssinns und des Glücks. Glückliche Menschen
können ihren Mitmenschen ganz anders helfen!
„Habe
Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!“, sagte Kant.
Frau muß leider auch immer noch sagen: „Habe den Mut,
Deinen eigenen Empfindungen und Deiner Natur zu vertrauen.“
Mit
freundlichen Grüßen,
Regina
Berlinghof
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