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LESERBRIEF AN DIE FAZ, abgedruckt am 19. April 2005
 

9. April 2005  


Ihre „Berichterstattung“ zum Tod des Papstes und „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ – Leitartikel von Patrick Bahners, heutige Ausgabe
 

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei allem Respekt für die menschliche Größe des verstorbenen Papstes habe ich nicht schlecht gestaunt, wie sich eine seriöse Zeitung eine ganz Woche lang dem Personenkult ergeben und in ein Kirchenblatt der ecclesia catholica triumphans verwandeln konnte. Viele Katholiken in meinem persönlichen Bekanntenkreis – und gerade die in der Gemeinde aktiven – reagierten sehr viel differenzierter.

Immerhin läßt mich Patrick Bahners heutiger Leitartikel wieder Hoffnung schöpfen, zitiert er doch schon im Titel die Schrift des Ketzers Martin Luther „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Vor allem die letzten Zeilen Bahners: „Ihn (den römischen Papst) bindet weder Landessitte noch Zeitgeist. Der römische Weltbürger ist ein freier Herr und niemandem untertan, als freier Christenmensch ein Beispiel für alle anderen.“ setzen wahrlich ein Zeichen für die Zukunft:
•    Wird doch dann der künftige Papst endlich Schluß machen mit jenen mittelalterlichen innerkirchlichen Bestimmungen des Corpus Iuris Canonici, die Geist und Willen der Priester, Theologen und Ordensleute dem absoluten Gehorsam ihrer „Oberen“ und der Kirchenleitung unterwerfen und ihren Leib in den Zölibat zwängen.
•    Wird dann der künftige Papst mit einem anderen Verständnis der sexuellen Liebe die Verhütung erlauben und damit nicht nur Abtreibungen durch Pfuscher verhindern, sondern durch den Gebrauch von Kondomen die AIDS-Verseuchung ganzer Kontinente stoppen.
•    Wird dann der künftige Papst dafür Sorge tragen, daß die eine (weibliche) Hälfte der Menschheit nicht länger vom Priesteramt und kirchlichen Leitungsfunktionen ausgeschlossen bleibt.
•    Wird dann der künftige Papst die Selbstüberhöhung der Menschen gegenüber den Tieren und die vermeintliche Höherwertigkeit des Menschen aufgeben.
•    Wird dann der künftige Papst auch die Kirche mit der Aufklärung versöhnen und die  Worte Voltaires beherzigen, der postulierte, Freiheit sei nicht die Freiheit des Mächtigen (z.B. die desjenigen an der Spitze einer mächtigen Institution) sondern die Freiheit des Anderen und Andersdenkenden.


Mit freiheitlichen und freundlichen Grüßen,
Regina Berlinghof

 

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