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Das katholische Kirchenrecht ist noch immer streng hierarchisch strukturiert 

Zu dem Bericht Rechte für statuslose Ausländer gefordert (FR vom 15. Mai 2001): "Illegaler Aufenthalt bedeutet in erster Linie faktische Rechtlosigkeit auf allen Gebieten des täglichen Lebens", sagt Kardinal Sterzinsky. Völlig zu Recht fordert er mehr Schutz für ausländische illegale Einwanderer. Der Kardinal beruft sich dabei auf den Schutz der Menschenwürde nach Artikel 1 des Grundgesetzes, der uneingeschränkt auch für illegale Ausländer gilt. Bedauerlich ist nur, dass die Vertreter der katholischen Kirche Verletzungen der Menschenwürde sehr genau registrieren und monieren - sofern diese Verletzungen nicht im Zusammenhang mit der katholischen Kirche stehen. Bei der Regelung ihrer eigenen Angelegenheit ist die Kirche nicht so zimperlich. Hier beansprucht sie alle Rechte für sich.

Das katholische Kirchenrecht ist immer noch streng hierarchisch strukturiert. Aber anstatt ihre eigene Verfassung kritisch zu überprüfen, hält sie am Konkordat von 1933 und den Nachfolgeverträgen fest. Darin lässt sie sich "die Freiheit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen Religion" gewährleisten. (Artikel 1, Absatz 1) Vom Deutschen (Dritten!) Reich ließ sie sich bestätigen: Das Deutsche Reich "anerkennt das Recht der katholischen Kirche, innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen." Dieses Konkordat ließ sie sich auch von der Bundesrepublik Deutschland bestätigen. Während sich die Kirche nach außen modern freiheitlich und selbstbestimmungsbewusst gibt, hält sie ihre Mitglieder und Mitarbeiter im Binnenverhältnis fest an der Kandare ihrer mittelalterlichen, hierarchisch strukturierten Obrigkeitsverfassung.

1. Wie lässt sich denn die Verpflichtung zum absoluten Gehorsam gegenüber den Oberen, insbesondere mit dem Unfehlbarkeitsanspruch des Papstes, mit dem Schutz der Menschenwürde des Einzelnen vereinbaren? Selbst die klügsten Köpfe der Kirche müssen "in schuldigem Gehorsam" Can. 218 CIC (Corpus Iuris Canonici) ihren Kopf und Verstand der Kirchenlehre opfern.

Es wird zwar von der Freiheit der Forschung gesprochen - die aber im nächsten Paragraf sofort im Vorrang des Lehramts der Kirche aufgehoben wird: Wie die Kirche ihr Gehorsamsgebot noch heute auslegt, praktiziert und ihre herausragenden Köpfe dem Bannspruch des Papstes unterwirft - oder hinauswirft -, zeigt die endlos lange Kette von Beispielen: Der Hinauswurf beziehungsweise. die Exkommunikation kritischer Geister wie Küng, Drewermann, Mynarek, Deschner, Holl, Glas und vieler anderer. Zuletzt mit dem Verbot der Schwangerenberatung, der Missachtung der Laienorganisation "Donum Vitae", der Unterwerfung der deutschen Bischöfe und Kardinäle unter das Beratungsverbot. (Auch Bischof Franz Kamphaus hat nur eine Gnadenfrist bekommen.)

2. Noch auf ganz andere Weise werden die Kirchenmitglieder und Priester im Zustand der Willfährigkeit gehalten. Nicht durch Überzeugung, sondern mit den Mitteln der wirtschaftlichen Knebelung: Kleriker werden, wie weiland Beamte vom Vater Staat, nur alimentiert (Can. 281). Während Beamte jedoch beim Ausscheiden aus dem Staatsdienst Anspruch auf Rentenausgleich erhalten, gilt dies nicht für Kleriker der katholischen Kirche oder Ordensangehörige: Wer aus Überzeugung dem kirchlichen Lehramt nicht mehr zustimmen und folgen kann, spürt schnell die Drohung des wirtschaftlichen Nichts, das die Wiedergewinnung des eigenen Kopfes kostet.

Denn die Kirche entlässt umstandslos die abtrünnig gewordenen Selbstdenker - dieser "kann für jegliche in ihm geleistete Arbeit von nichts verlangen". (Can. 702, Paragraf 1) ). Nur nach "Billigkeit" soll dem ausgeschiedenen Mitglied Ausgleich gegeben werden. Das geht so weit, dass Ordensmitglieder, die für ihren Orden in staatlichen Schuluen und Krankenhäusern gearbeitet und ihre Einkünfte an das Ordenshaus abgeführt haben, nicht einmal die staatlichen Renten- und Versorgungsbezüge beanspruchen dürfen, für die sie während der Arbeit in die Versorgungskassen eingezahlt haben. Nach katholischem Kirchenrecht (Can. 694 ff) kann ein Priester oder ein Mitglied eines Mönchs- oder Nonnenordens sofort entlassen werden, wenn es "offenkundig vom katholischen Glauben abgefallen ist oder" eine Ehe geschlossen oder den Abschluss einer solchen, wenn auch nur in Form der Zivilehe, versucht hat." Ebenso, wenn ein Mitglied durch Ungehorsam gegenüber den Oberen oder "hartnäckiges Festhalten oder Verbreiten von durch das Lehramt der Kirche verurteilten Lehren; öffentliche Anhängerschaft an vom Materialismus oder Atheismus angesteckte Ideologien" öffentlich in Erscheinung getreten ist (Can. 696).

3. Nach dem Grundgesetz sind Männer und Frauen gleichwertig und gleich zu behandeln. Keiner darf wegen seines Geschlechtes benachteiligt werden. (Artikel 3 GG). Dass diese Gleichwertigkeit immer noch nicht selbstverständlich ist, zeigte sich zuletzt im Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Dienst von Frauen an der Waffe. Der priesterliche Dienst am Altar ist katholischen Frauen aber immer noch untersagt. Die innere Verfassung der Kirche lässt nur Männer zum Priesteramt zu. Ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte der Frauen.

4. Ebenso sind alle Bestimmungen des Kirchenrechts über den zwangsweisen Zölibat verfassungswidrig, weil diese Bestimmungen das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen unzulässig einschränken und seine Menschenwürde verletzen.

Regina Berlinghof, Kelkheim
 
 

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2001 
Dokument erstellt am 24.05.2001 um 21:18:07 Uhr
Erscheinungsdatum 25.05.2001 
 
 

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