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Donnerstag,16.11.2000
 

Kelkheim. "Die Leute interessieren sich für Bücher". Dieser Jubelschrei erhallte vor einigen Wochen aus den Hallen der Frankfurter Buchmesse. Das stimmt offenbar. Lesungen sind früher ziemlich geschlossene Veranstaltungen gewesen, wo sich eine Hand voll Interessierter mit Autoren trafen. In jüngerer Zeit ist der Zustrom größer, das war nun auch im Kulturbahnhof festzustellen. Gastgeberin, die Kelkheimer Schreiberin und Verlegerin, Regina Berlinhof lud zur gemütlichen Runde mit Kaffee, Tee, Kuchen und natürlich viel Text. "Ost-West-Sofa" nennt sich die neue Reihe, die künftig zwei Mal im Jahr Autoren aus den alten und den neuen Bundesländern zusammenbringen wird. Diese Konstellation, so Regina Berlinghof, kann sich natürlich im Laufe der Zeit ändern. Gegenwärtig jedoch, so meint Regina Berlinghof, sei der Dialog zwischen des Ossis und Wessis - um die gängig-saloppe Bezeichnung zu benutzen - höchst notwendig.
 Die nächste Veranstaltung ist übrigens am 11. März 2001. Die Kelkheimerin Uta Franck wird sich dann im Kulturbahnhof mit dem Thüringer Siegfried Nucke treffen. In einer weiteren Leseveranstaltung wird Paul Pfeffer Gastgeber sein. Zum ersten Treff. Zwei Schreiberinnen - Regina Berlinghof und die Leipzigerin Constanze John - auf einem Plüschsofa aus Omas Zeiten und wie sich das gehört: rot und verschossen der Bezug. Constanze John las zunächst aus ihrem Erzählband "Fernwärme" eine überraschende Variante der Geschichte von jenem Zeitgenossen, der angeblich ein Päckchen Zigaretten holen wird und nie wieder kommt. In der Johnschen Version geht der Mann zum Brunnen um Wasser zu holen. Aber er wandert weiter. In einem anderen Dorf nimmt er sich eine andere Frau und zeugt zwei Kinder. Eine Tages wandert er dort angeblich wieder zum Brunnen. Aber der Weg führt weiter. Er führt zurück zur ersten Frau, die ihn mit seiner Pfeife erwartet, als wenn nichts geschehen wäre. Da schwingt auch die Frage mit: Was sind Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. Was ist ein Ort und was ist Wechsel.
 Regina Berlinghof stellte aus ihrem Band "Wüste, Liebe und Computer" eine Erzählung vor, die ebenfalls die Momente der Zeit hinterfragen. Ist da ein Zeitreisende wirklich in der Vergangenheit gelandet? Es folgten noch andere Geschichten und um die Eindrücke abzurunden, gab es Gitarrenklänge von Shahram Moghaddams.
 

© Frankfurter Neue Presse, 2000