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25.11.2000
"Phantastische Geschichten" auf dem Ost-West-Sofa KELKHEIM. Zwei Autorinnen zusammen auf einem Plüschsofa mit verschossenem
rotem Samtbezug. Das ist das Ost-West-Sofa, auf dem in Kelkheim am vergangenen
Sonntag zum ersten Mal eine Lesung stattfand und das künftig zweimal
im Jahr zu literarischen Begegnungen zwischen Ost und West Platz bieten
soll, zunächst noch ganz innerdeutsch, nämlich zwischen Autoren
und Autorinnen aus den alten und den neuen Bundesländern. Drei Kelkheimer
Autoren laden zu den Lesungen ein: Regina Berlinghof, Uta Franck und Paul
Pfeffer. Am Sonntag verwandelten sie den Kulturbahnhof Münster in
ein gemütliches Café mit Kerzenschein. Und viele Kelkheimer
und Auswärtige nahmen die Einladung an, bei Kaffee, Tee, Kuchen und
orientalischem Gebäck dem ost-westlichen Dialog in Wort, Gesang und
Gitarrenspiel zu lauschen, kurz, der Kulturbahnhof war rund gefüllt.
Die erste Lesung mit "Phantastischen Geschichten" machten Regina Berlinghof
aus Kelkheim und als Gastautorin Constanze John aus Zwickau/Leipzig. Constanze
John las zunächst aus ihrem Erzählband "Fernwärme". Ihre
Kurztexte sind feinziselierte Kabinettstückchen genauer Beobachtung
der menschlichen Innenräume und Beziehungen. Ein Mann, der seiner
lau gewordenen Ehe entflieht, als seine Frau ihm zum Wasserholen am Brunnen
schickt. Er geht, kommt in ein anderes Dorf, läßt sich dort
nieder,
heiratet, hat Kinder. Doch eines Tages geht er wieder zum Brunnen, kehrt
wieder zur ersten Frau zurück. Und die empfängt ihn wie gewohnt
mit seiner Pfeife, als habe sie ihn gerade zum Wasserholen geschickt. Die
Zeit, ein Augenblick? Die Zeit, das Verwobensein von Gegenwart, Vergangenheit
und Zukunft spielen auch in der ersten Geschichte von Regina Berlinghofs
Band "Wüste, Liebe und Computer" eine entscheidende Rolle. Ist der
Zeitreisende wirklich bei den Neandertalern in der Vergangenheit gelandet?
Warum haben sie ihn in eine Wüstenwildnis geführt und an einen
Felsen gekettet? Und was macht so ein Wissenschaftler, wenn er plötzlich
viel Zeit und nichts zu tun hat? Eine andere Protagonistin in Regina Berlinghofs
Geschichtenband ist ganz freiwillig in die Wüste gefahren und verfaßt
dort ihren Liebesbrief an den zuhause gebliebenen Geliebten. Sehr zart,
sehr gefühlvoll geschrieben und sehr stimmungsvoll von der Autorin
vorgetragen. Der Entwurf einer idealen Liebe, so unendlich und weit wie
die Wüste. Eine phantastische Liebe bleibt es wohl - denn der Geliebte
ist ja nicht mitgekommen. Lebensnaher und realistischer blieb Constanze
John in ihrer zweiten Geschichte von einem Paar, das zusammenging und wieder
auseinanderging. "In der Badeanstalt zeigte er ihr eine Frau mit einem
wirklich klasse Körper. Die Frau schaut an sich hinunter. Sie hatte
ihren Körper schon länger." (Aus der Erinnerung zitiert.)
Kelkheimer Bote vom 25.11.2000
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