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Einige Gedanken zur Verfassungsmäßigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit des Konkordats zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und der Bundesrepublik Deutschland sowie einiger Bestimmungen des Corpus Iuris Canonici (CIC)

Freiheit und Selbstbestimmung wollen alle. Menschen, Völker, Organisationen und Kirchen. Sogar Tiere, denn sie wehren sich heftig, will man sie gefangen nehmen. Die demokratischen Staaten haben die Menschen- und Freiheitsrechte in ihren Verfassungen verankert.

Auch die katholische Kirche besteht auf dem Recht, ihre Angelegenheit selbst zu regeln. Im Konkordat des "Heiligen Stuhles" mit dem Deutschen Reich ließ sie sich anno 1933 "die Freiheit des Bekenntnisses und der öffentlichen Ausübung der katholischen Religion" gewährleisten." (Art. 1 Abs. 1) Der zweite Absatz bekräftigt:

 "[Das Deutsche Reich]  anerkennt das Recht der katholischen Kirche, innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen."

Besonders in Erziehungsfragen beruft sich die katholische Kirche auf die Freiheit der Selbstbestimmung der Eltern:

Can. 797 — Die Eltern müssen in der Wahl der Schule wirklich frei sein; daher müssen die Gläubigen darum besorgt sein, daß die weltliche Gesellschaft den Eltern diese Freiheit zuerkennt und sie unter Wahrung der austeilenden Gerechtigkeit auch durch Zuweisung entsprechender Mittel schützt.

Es gilt aber auch: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu." Wer Freiheit für sich beansprucht, muß auch bereit sein, sie anderen ebenso einzuräumen. Zuallererst den nahestehenden Menschen. Das gilt für Familien und auch für Organisationen. Das ist auch der Grund, weshalb Parteien selbst demokratisch verfaßt sein müssen, wenn sie sich an der Regierung beteiligen wollen. Firmen, die sich auf die unternehmerische Freiheit und Selbstbestimmung berufen, können sich es nicht leisten, ihre Mitarbeiter willkürlich zu behandeln. Männer und Frauen müssen gleich behandelt werden. Ebensowenig darf die Religionszugehörigkeit eine Rolle spielen, die Rasse oder die politische Überzeugung. 

Wie sieht nun die innere Verfassung der römisch-katholischen Kirche aus? Im Konkordat wird im Eingangsparagraph festgestellt, daß die innere Regelungsgewalt der Kirche nur "innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes" gilt. Tatsächlich? Haben die Menschen- und Freiheitsrechte wirklich Eingang in die innere Struktur der katholischen Kirche gefunden? Oder wenigstens: Werden zweitausend Jahre alte hierarchische kirchliche Regeln inzwischen nach Maßgabe des Grundgesetzes und der Menschenrechtes ausgelegt und angewendet?

Muß man dazu noch viel sagen? Die Kirche verlangt nach außen Freiheit in allen Dingen - im Binnenverhältnis hält sie ihre Mitglieder und Mitarbeiter fest an der Kandare ihrer hierarchisch strukturierten Obrigkeitsverfassung.

Die Verpflichtung zum Gehorsam gegenüber den Oberen, insbesondere dem Papst; der Unfehlbarkeitsanspruch des Papstes (und des Bischofskollegiums) in Glaubensdingen, die Ausschließung der Frauen vom Priesteramt mißachtet alle Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte der Mitglieder und Mitarbeiter, wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und in den Menschenrechtsbestimmungen der EG und UN festgelegt sind.

Die Kirche gibt sich in einzelnen Canones des Corpus Iuris Canonici durchaus freiheitsbewußt - auch zugunsten ihrer Mitglieder. Aber was sie in Can. 748 — § 1 zunächst mit der einen Hand zu geben scheint: 
"Alle Menschen sind gehalten, in den Fragen, die Gott und seine Kirche betreffen, die Wahrheit zu suchen; sie haben kraft göttlichen Gesetzes die Pflicht und das Recht, die erkannte Wahrheit anzunehmen und zu bewahren."
Das hebt sie in den folgenden Canones sofort wieder auf:
Can. 749 — § 1. Unfehlbarkeit im Lehramt besitzt kraft seines Amtes der Papst, wann immer er als oberster Hirt und Lehrer aller Gläubigen, dessen Aufgabe es ist, seine Brüder im Glauben zu stärken, eine Glaubens- oder Sittenlehre definitiv als verpflichtend verkündet.

 § 2. Unfehlbarkeit im Lehramt besitzt auch das Bischofskollegium, wann immer die Bischöfe, auf einem Ökumenischen Konzil versammelt, ihr Lehramt ausüben, indem sie als Lehrer und Richter über Glaube und Sitte für die ganze Kirche eine Glaubens- oder Sittenlehre definitiv als verpflichtend erklären; oder wann immer sie, über die Welt verstreut, unter Wahrung der Gemeinschaft untereinander und mit dem Nachfolger Petri, zusammen mit eben dem Papst in authentischer Lehre über Sachen des Glaubens oder der Sitte zu ein und demselben, als definitiv verpflichtenden Urteil gelangen.

§ 3. Als unfehlbar definiert ist eine Lehre nur anzusehen, wenn dies offensichtlich feststeht.

Die Freiheit des einzelnen, seine eigene Überzeugung in religiösen Angelegenheiten zu gewinnen und zu vertreten, wird der Gehorsamspflicht gegenüber den kirchlichen Lehren unterworfen: 

Can. 752 — Nicht Glaubenszustimmung, wohl aber religiöser Verstandes- und Willensgehorsam ist einer Lehre entgegenzubringen, die der Papst oder das Bischofskollegium in Glaubens- oder Sittenfragen verkündigen, wann immer sie ihr authentisches Lehramt ausüben, auch wenn sie diese Lehre nicht definitiv als verpflichtend zu verkünden beabsichtigen; die Gläubigen müssen also sorgsam meiden, was ihr nicht entspricht.

Selbst die klügsten Köpfe der Kirche, müssen "in schuldigem Gehorsam" ihren Kopf und Verstand der Kirchenlehre opfern:. Es wird zwar von der Freiheit der Forschung gesprochen - die aber sofort im Vorrang des Lehramts der Kirche aufgehoben wird:

Can. 218 — Die sich theologischen Wissenschaften widmen, besitzen die gebührende Freiheit der Forschung und der klugen Meinungsäußerung in den Bereichen, in denen sie über Sachkenntnis verfügen, dabei ist der schuldige Gehorsam gegenüber dem Lehramt der Kirche zu wahren.

Can. 273 — Die Kleriker sind in besonderer Weise verpflichtet, dem Papst und ihrem Ordinarius Ehrfurcht und Gehorsam zu erweisen.

 Can. 277 — § 1. Die Kleriker sind gehalten, vollkommene und immerwährende Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen zu wahren; deshalb sind sie zum Zölibat verpflichtet, der eine besondere Gabe Gottes ist, durch welche die geistlichen Amtsträger leichter mit ungeteiltem Herzen Christus anhangen und sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen können.

Can. 279 — § 1. Die Kleriker haben auch nach Empfang der Priesterweihe die theologischen Studien weiter zu betreiben und eifrig nach jener festen Lehre zu streben, die in der Heiligen Schrift begründet, von den Vätern überliefert und von der Kirche allgemein angenommen ist und wie sie in den Dokumenten, vor allem der Konzilien und der Päpste, festgelegt ist; weltliche Moden in der Ausdrucksweise und Scheinwissenschaft haben sie zu meiden.

Can. 331 — Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden; deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann.

Wie die Kirche Ihr Gehorsamsgebot noch heute auslegt, praktiziert und ihre herausragenden Köpfe dem Bannspruch des Papstes unterwirft - oder hinauswirft, zeigt die endlos lange Kette von Beispielen. Zuletzt mit dem Verbot der Schwangerenberatung, der Mißachtung der Laienorganisation "Donum vitae", der Unterwerfung der deutschen Bischöfe und Kardinäle unter das Beratungsverbot. (Auch Kardinal Kamphaus hat nur eine Gnadenfrist bekommen.) 

Der Hinauswurd bzw. die Exkommunikation kritischer Geister wie Küng, Drewermann, Mynarek, Deschner, Holl, Glas und vieler anderer. 

Alle Bestimmungen, die die Unterwerfung des Verstandes und des Willens der Kirchenmitglieder und Klerikern unter das Lehramt des Papstes oder der Kirche festlegen, verstoßen gegen die allgemeinen Gesetze des Staates, nämlich Art. 2 - 5 und sind in Übereinstimmung mit der Eingangsregelung im Konkordat im Geltungsbereich des Grundgesetzes nicht mehr gültig und als verfassungswidrig nicht mehr anzuwenden:

Can. 694 — § 1. Ein Mitglied gilt als ohne weiteres aus dem Institut entlassen, das:

1° offenkundig vom katholischen Glauben abgefallen ist;

2° eine Ehe geschlossen oder den Abschluß einer solchen, wenn auch nur in Form der Zivilehe, versucht hat.

§ 2. In diesen Fällen hat der höhere Obere mit seinem Rat unverzüglich nach Sammlung der Beweise den Tatbestand festzustellen, damit die Entlassung rechtlich feststeht.
 
 

Can. 696 — § 1. Ein Mitglied kann auch wegen anderer Gründe entlassen werden, vorausgesetzt, sie sind schwerwiegend, nach außen in Erscheinung getreten, zurechenbar und rechtlich bewiesen, wie etwa: ständiges Vernachlässigen der Verpflichtungen des geweihten Lebens; wiederholte Verletzungen der heiligen Bindungen; hartnäckiger Ungehorsam gegenüber den rechtmäßigen Anordnungen der Oberen in einer schwerwiegenden Angelegenheit; schweres, aus einem schuldhaften Verhalten des Mitglieds entstandenes Ärgernis; hartnäckiges Festhalten oder Verbreiten von durch das Lehramt der Kirche verurteilten Lehren; öffentliche Anhängerschaft an vom Materialismus oder Atheismus angesteckte Ideologien; unrechtmäßige, sich über ein halbes Jahr hinziehende Abwesenheit gemäß can. 665, § 2; andere Gründe ähnlicher Schwere, die etwa im Eigenrecht des Instituts festgelegt sind.

§ 2. Für die Entlassung eines Mitglieds mit zeitlichen Gelübden genügen auch weniger schwere, im Eigenrecht des Instituts festgelegte Gründe.
 
 

Can. 290 — Die einmal gültig empfangene heilige Weihe wird niemals ungültig. Dennoch verliert ein Kleriker den klerikalen Stand:

1° durch richterliches Urteil oder durch Verwaltungsdekret, in dem die Ungültigkeit der heiligen Weihe festgestellt wird;

2° durch die rechtmäßig verhängte Strafe der Entlassung;

3° durch Reskript des Apostolischen Stuhles; dieses Reskript wird aber vom Apostolischen Stuhl Diakonen nur aus schwerwiegenden Gründen, Priestern aus sehr schwerwiegenden Gründen gewährt.

Can. 291 — Außer den in can. 290, n. 1 genannten Fällen bringt der Verlust des klerikalen Standes nicht die Dispens von der Zölibatsverpflichtung mit sich; diese wird einzig und allein vom Papst gewährt.
 
 

Can. 292 — Ein Kleriker, der nach Maßgabe des Rechts den klerikalen Stand verliert, verliert mit ihm auch die dem klerikalen Stand eigenen Rechte und ist durch keine Pflichten des klerikalen Standes mehr gebunden, unbeschadet der Vorschrift des can. 291; ihm ist verboten, die Weihegewalt auszuüben, unbeschadet der Vorschrift des can. 976; ohne weiteres sind ihm alle Ämter, Aufgaben und jegliche delegierte Vollmacht entzogen.
 
 

Can. 293 — Ein Kleriker, der den klerikalen Stand verloren hat, kann nur durch Reskript des Apostolischen Stuhles von neuem unter die Kleriker aufgenommen werden.

Noch auf ganz andere Weise werden die Kirchenmitglieder und Priester im Zustand der Willfährigkeit gehalten. Nicht durch Überzeugung - sondern mit den Mitteln der wirtschaftlichen Knebelung: 

Kleriker werden - wie weiland Beamte vom Vater Staat - nur alimentiert:

Can. 281 — § 1. Wenn die Kleriker sich dem kirchlichen Dienst widmen, verdienen sie eine Vergütung, die ihrer Stellung angemessen ist, dabei sind die Natur ihrer Aufgabe und die Umstände des Ortes und der Zeit zu berücksichtigen, damit sie mit ihr für die Erfordernisse ihres Lebens und auch für eine angemessene Entlohnung derer sorgen können, deren Dienste sie bedürfen.

Während Beamte jedoch beim Ausscheiden aus dem Staatsdienst Anspruch auf Rentenausgleich erhalten, gilt dies nicht für Kleriker der katholischen Kirche oder Ordensangehörige:

Wer aus Überzeugung dem kirchlichen Lehramt nicht mehr zustimmen und folgen kann, spürt schnell die Drohung des wirtschaftlichen Nichts, das die Wiedergewinnung des eigenen Kopfes kostet. Denn die Kirche entläßt umstandslos die abtrünnig gewordenen Selbstdenker - dieser "kann für jegliche in ihm geleistete Arbeit von [dem Ordensinstitut] nichts verlangen". (Can. 702 § 1)

Ein Verstoß gegen das Grundrecht freier religiöser Überzeugung (Art 4 und 5) GG ist gegeben.
 
 

Can. 702 — § 1. Wer rechtmäßig aus einem Ordensinstitut austritt oder aus ihm rechtmäßig entlassen wurde, kann für jegliche in ihm geleistete Arbeit von demselben nichts verlangen.

§ 2. Das Institut jedoch soll Billigkeit und evangelische Liebe gegenüber dem ausgeschiedenen Mitglied walten lassen.
 
 

Nach dem Grundgesetz sind Männer und Frauen gleichwertig und gleich zu behandeln. Keiner darf wegen seines Geschlechtes benachteiligt werden. (Art. 3 GG). Daß diese Gleichwertigkeit immer noch nicht selbstverständlich ist, zeigte sich zuletzt im Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum Dienst von Frauen an der Waffe.

Der priesterliche Dienst am Altar ist katholischen Frauen aber immer noch untersagt. Die innere Verfassung der Kirche läßt nur Männer zum Priesteramt zu. Ein klarer Verstoß gegen die Menschenrechte der Frauen. Can. 235 ist daher verfassungswidrig, insoweit er die Rechte der Frauen einschränkt.

Can. 235 — § 1. Junge Männer, die das Priestertum anstreben, sind im Hinblick auf eine angemessene geistliche Bildung und ihre eigenen Aufgaben während der ganzen Zeit der Ausbildung oder, wenn es die Umstände nach dem Urteil des Diözesanbischofs erforderlich machen, wenigstens vier Jahre lang im Priesterseminar zu unterweisen.
 
 

Ebenso sind alle Bestimmungen über den zwangsweisen Zölibat verfassungswidrig, weil diese Bestimmungen das Persönlichkeitsrecht des einzelnen unzulässig einschränken.

Can. 247 — § 1. Auf die Einhaltung des zölibatären Standes sind sie durch eine entsprechende Erziehung vorzubereiten; sie haben zu lernen, ihn als eine besondere Gabe Gottes in Ehren zu halten.


18.02.2001

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