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Mein Leserbrief an die Redaktion zu Reinhard Görischs Rezension in

literaturkritik.de, Heft 12, 2000

Sehr geehrte Damen und Herren,

für eine Autorin ist es immer eine große Freude, wenn ihr Werk besprochen wird. Ich habe die ausführliche Rezension von Herrn Görisch mit großen Interesse gelesen. Bitte erlauben Sie mir dazu zwei Anmerkungen:

Herr Görisch bemängelt, daß man am Ende nicht mehr wisse, woran man glauben solle und worum es mir ginge. Der Roman stelle zwar die biblische Botschaft Jesu fundamental in Frage, aber dann warnte ich treuherzig die Leser davor, daß ihre religiösen Gefühle verletzt werden könnten und daß die Handlung frei erfunden sei. Wenn Jesus im Roman seine eigene Lehre widerrufe und durch einen Bund universaler Liebe ersetze, dann ginge das über die Gestaltung mittels eines Liebesromans weit hinaus und fordere eine eigene "theologische" Wahrheit.

Ist es wirklich naiv-treuherzig, vor einer bitteren, aber hilfreichen Medizin zu warnen? Ist es treuherzig, wenn ein Gärtner und Rosenzüchter seine Lieblinge jemanden in die Hand drückt und dabei vor den Dornen warnt? Im Roman habe ich zu verdeutlichen versucht, daß es mir gerade nicht auf "theologische" Wahrheiten oder Lehren ankommt. Dies überlasse ich gerne den Päpsten in Rom. Darauf erheben sie ja das Monopol. Mir geht es nicht um Lehren und Glauben, sondern um den eigenen Zugang zum Göttlichen. Um das Selbstsehen, Selbsterkennen des Einsseins aller Wesen. Das ist aber ein rein subjektiver Weg. Jeder/jede erlangt auf ganz individuelle Weise Erleuchtung. Und doch ist die Sprache der Mystiker aller Religionen gleich: Alle sprechen davon, daß das Unendliche nicht mit Worten zu fassen ist. Auch Jesus sprach übrigens in Gleichnissen! So kann man eine tiefe allgemeingültige psychische Wahrheit ausdrücken, ohne daß die objektiv nachvollziehbaren äußeren Umstände absolut gesetzt werden könnten. Ist die Liebe zwischen Romeo und Julia oder Tristan und Isolde weniger Wahrheit, weil sie zwischen erfundenen Personen geschieht? Die Wahrheit der Neunten von Beethoven negiert nicht die Wahrheit der Beatlessongs und umgekehrt. Beide sind Musik. Aber jeder Versuch, Musik ein für alle Mal abstrakt zu erklären oder durch ein einziges Musikstück zu festzulegen, wird scheitern Ebenso verhält es mit der Religion. "Ich weiß, daß ich nichts weiß", sagte der weiseste und wissendste aller Menschen, Sokrates. Seit mehr als zweitausend Jahren werden im Abendland neue theologische Wahrheiten in die Welt gesetzt, die zu nichts als zu Streit und Bruderkrieg bzw. zur Verfolgung Andersgläubiger geführt haben. Darum habe ich in aller Bescheidenheit einen Roman verfaßt und keine neue theologische Wahrheit und Lehre verkündet. Die Form eines Romans überläßt dem Leser die Entscheidung, ob er dem darin beschriebenen Wahrheit nachgehen bzw. auf den Grund gehen will. Ein Roman erhebt nicht den Anspruch, daß der beschriebene Weg der einzig richtige sei.

Eine Berichtigung zu den bibliographischen Angaben: Ich habe den Roman 1995 im Internet (www.literatur.de) veröffentlicht. Die erste Auflage als Buch erschien 1997 im Verlag Dietmar Klotz, Eschborn. Die zweite, durchgesehene und im Layout geänderte Auflage kam zum Jahreswechsel 1998/1999 heraus.

Mit freundlichen Grüßen,
Regina Berlinghof
 

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