Regina Berlinghof

Mirjam

Maria Magdalena und Jesus

Roman



Nachwort und Danksagungen

Einiges zu Historie, Geographie und Namen

Was den geschichtlichen Hintergrund des Romans betrifft, so habe ich mich - wie alle Historiker - auf Flavius Josephus´ "Jüdische Altertümer" und "Der jüdische Krieg" gestützt, vor allem auf die Passagen über die Essener und deren Glaubensvorstellungen und Bräuche. Ob Qumran tatsächlich eine Siedlung dieser Sekte war, wie man nach den Rollenfunden und den ersten Ausgrabungen zunächst vermutete, ist heute wissenschaftlich umstritten, muß aber eine Romanschreiberin nicht binden. Überhaupt steht die aktuelle Qumran-Diskussion um die Veröffentlichung der Rollen in keinerlei Beziehung zu meinen Roman, obwohl der Prolog darauf hinzuweisen scheint. Als ich im April 1989 gleich mit dem Prolog begann, bewegte der Streit um die Qumranfragmente vorerst nur die Fachleute, zu denen ich nicht gehöre.

Für mich war es ein faszinierendes Unterfangen, die Fülle und Farbigkeit der unterschiedlichen Denk-, Sprach- und Glaubensweisen darzustellen, die sich damals auf kleinstem Raum zusammenballten. Man muß sich einmal vorstellen, daß in einem kleinen Land nicht nur eine, sondern neben den regionalen Dialekten mindestens vier Sprachen zugleich gesprochen wurden: die breite Bevölkerung sprach Aramäisch, das dem Hebräischen sehr nah verwandt ist; in der Gegend von Jerusalem wurde vermutlich noch Hebräisch gesprochen. Im übrigen war die Sprache des Alten Testamentes nur noch als die Sprache der Torah und des Kultes lebendig. Latein als die Verwaltungssprache der Besatzer wurde von den Gebildeten, von den Händlern, Politikern und all denen gesprochen die sich von der Besatzungs- und Weltmacht Vorteile versprachen. Griechisch, die Sprache der der früheren Großmacht galt immer noch als die Sprache der Kultur und der Zivilisation. Sie war die Sprache der Gebildeten und der Künstler, auch die der überregional agierenden großen Kaufherren. Die Übergänge zwischen den Gruppen waren fließend, und es gab sicher viele Überschneidungen - analphabetische Gassenjungen, die bettelnd oder feilschend mit lateinischen Sprachbrocken reiche Römer belagerten, Eltern, die beeindruckt von den fremden Klang ihren Kindern lateinische oder griechische Namen gaben, Gelehrte, die sich begierig auf das Wissen fremder Völker stürzten oder es als gefährlich und sittenverderbend verdammten. Man muß nicht einmal bis in die östlichen Mittelmeerregionen reisen, um Parallelen zu unserer Zeit zu entdecken. Ich erinnere nur an die deutschen Maiks und Jacquelines. Weltweit hat heute das Englische die Funktion des damaligen Latein eingenommen, Französisch ist als Sprache des "Bildungsbürgertums" durchaus präsent, allerdings nicht in der starken Bedeutung, die das Griechische unter der Herrschaft Roms behauptet hat. Dafür habe ich in Ägypten noch selbst erlebt, wie reiche, "gebildete" Ägypter im vornehmen Gesira-Klub französisch miteinander sprachen - in bewußter Ablehnung der eigenen arabischen Muttersprache und auch in Verweigerung des Englischen, der Sprache der letzten Kolonialherren. In Ägypten habe ich auch in den Jahren 1975-1977 das Heraufdämmern des muslimischen Fundamentalismus erlebt, der sich eng und streng auf die Gesetze der eigenen Religion besann und gegen alles "Westliche" als das "Materielle", "Verdorbene" zu artikulieren begann. Es war ein faszinierendes Gleichzeitigsein von verschiedenen Kulturen und Denk- und Lebensweisen.

Die Orte Magdala (= Migdal im Hebräischen) und all die Orte, die Jesus bis zur Kreuzigung in Jerusalem aufsucht, entsprechen der biblischen Überlieferung.

Bis auf zwei Ausnahmen, den Fluß Yarmuk und Qumran, deren Namen aus dem Arabischen kommen, habe ich die hebräischen Namensformen verwenden können. Yarmuk habe ich einfach gelassen. Bei Qumran als Sitz der essenischen Sekte habe ich den Namen frei in Qimron hebraisiert. Qumran bezeichnet die beiden Himmelslichter, Sonne und Mond (eigentlich die zwei Monde). Darin steckt auch die Sichel des Mondes, überhaupt die Bogenform. Im Hebräischen ist dies Qimron: Bogen, Gewölbe. So machte ich daraus den Himmelsbogen (Qimron-Ha-Schamajim).

Das Dorf Dovrat am Berg Tabor wird im alten Testament erwähnt. Ob es noch im ersten Jahrhundert der Zeitenwende existierte, weiß ich nicht, nehme es aber an. An gleicher Stelle existiert heute das arabische Dorf Dabburiya.

Bei den persönlichen und geographischen Eigennamen habe ich aus der Sicht der damaligen Zeit heraus geschrieben und die ursprünglichen jüdisch-hebräisch-aramäischen Namen verwendet, nicht ihre gräzisierten Formen, wie sie durch die griechischen Übersetzung der Evangelien gebräuchlich wurden. Ebenso wie wir von München und nicht von Munich reden, sprachen die Juden Judäas damals (und heute) von Jeruschalajim und nicht von Jerusalem, von Beit Lechem (Haus des Brotes) und nicht von Bethlehem. Also auch Jeschua statt Jesus, Mirjam statt Maria (bzw. Mariam und Marjama für Jesus Mutter und das Pseudonym Mirjams als abgeleitete Namensformen zur leichteren Unterscheidung der Personen). Es ist vielleicht ungewohnt, Schim´on statt Simon zu lesen, Schlomo statt Salomo. Aber wir nennen heute Jitzchak Rabin auch nicht Isaak Rabin, Yehudi Menuhin nicht Judas. Es gibt noch eine andere Parallele: für unsere inzwischen Englisch gewohnten Ohren klingen die frühen Filmsynchronisationen der fünfziger Jahre eher komisch, wenn sich die amerikanischen Figuren mit Heinz (statt Henry), Micha´el (statt Maikel) anreden oder wenn Elizabeth brav deutsch ausgesprochen wird.

Wie die Hauptstadt Nabatäas von den Nabatäern genannt wurde, liegt im Dunkel der Geschichte (jedenfalls nach meinen Erkenntnissen). Da sich der nabatäische Berichterstatter Yoram mehr als Jude denn als Nabatäer empfindet, habe ich mich für die hebräische Form "Sela" statt für die geläufige griechische Namensform Petra entschieden. In beiden Sprachen bedeutet der Namen "Felsen".

Probleme gab es für mich bei den möglichen Doppelbezeichnungen: Sprach man von Tiberias oder Tveriah, war "Sanhedrin" allgemeingebräuchlich oder benutzte man das griechische Original "Synhedrion"? Ich habe mich von Fall zu Fall entschieden: Die mehrsprachige Mirjam zieht meist die originalsprachliche Form vor, während Yoram immer die hebräische Bezeichnung benutzt und Pontius Pilatus natürlich die lateinische bzw. griechische Form gebraucht. Bei der Frage, welche Bezeichnung Yoram benutzen würde, wenn es um die Wahl zwischen griechischer und lateinischer Sprachform ging (Gymnasion oder Gymnasium), habe ich mich für die "altmodischere", griechische Variante entschieden, nach dem Motto: die Sprache des früheren Kolonialherrn ist der des jetzigen vorzuziehen.

Bei der Transkription der hebräischen Namen bin ich vielfach von der wissenschaftlich üblichen Praxis abgewichen. Ich hielt mich an die sephardische Aussprache des Neuhebräischen, so wie es in Israel heute gesprochen wird. Dabei mache ich die Unterscheidung zwischen den geschlossenen und den als Reibelaut gesprochenen Konsonanten mit, auch wenn dafür im Hebräischen nur ein Buchstaben steht. Ich schrieb "B" für das hebräische Beit wenn es für unsere Ohren wie "B" ausgesprochen wird, und "V" wenn derselbe Buchstabe zum Reibelaut wechselt, also "Dovrat" statt Dabrath oder Daberath, Avraham statt Abraham, Re´uven statt Ruben. Im Hebräischen können sich Vokale wie im Deutschen hart an hart stoßen (wie bei Be´amter). Ich habe diese Trennung durch den Apostroph angedeutet und mit einen umgedrehten Apostroph das Ayin, dort wo es bei der Aussprache eine Rolle spielt, z.B. bei Ya´akov, Schim´on. Ich war auch nicht sehr konsequent bei der Umschrift des hebräischen Jud in der konsonantischen Form. Vor den dunklen Vokalen entschied ich mich meist für Y (Yoram, Ya´akov), vor den hellen für J (Jeschua, Jitzchak).

Danksagungen

Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bei Michaela Merz, der Geschäftsführerin von Callisto Germany.Net Gmbh, bedanken, die sich großzügig bereiterklärte, meinen Roman kostenlos im Internet anzubieten. Ebenso herzlich danke ich Herbert Nill von Germany.Net, der mir dabei half, die Karten fürs Netz aufzubereiten und und alle Dateien auf den Server einzuspielen.

Ich danke ganz besonders der anonym bleiben wollenden Künstlerin, die das Titelbild des Buchumschlages geschaffen hat.

Mit meiner freien Umschrift des Hebräischen habe ich Lucie Renner vom Seminar für Judaistik der Frankfurter Universität (jetzt in Berlin) anfangs fast zur Verzweiflung getrieben. Ich möchte sie daher an dieser Stelle von aller Verantwortung freisprechen und mich bei ihr ganz herzlich für ihren fachkundigen und sehr wertvollen Rat bedanken. Ebenso herzlich möchte ich mich bei meinen FreundInnen bedanken, die mich während des Schreibens moralisch und seelisch unterstützten und mich immer ermunterten, am Stoff und am Computer zu bleiben. Ganz besonders danke ich Ulrich Müller-Oberhäuser und Dr. Jörg Salaquarda, die das fertige Manuskript nicht nur durchlasen und lobten (was eine unbekannte Schreiberin wie Manna in der Wüste braucht), sondern sich auch die Mühe machten, ihre kritisch-konstruktiven Anmerkungen schriftlich konkret zu Papier zu bringen, so daß ich länger darüber nachdenken und mich langsam mit dem Gedanken befreunden konnte, daß Änderungen hier und da tatsächlich angebracht waren.

Für die zwei Landkarten im Bucheinband möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Professor Dr. Günter Stemberger vom Institut für Judaistik der Universität Wien und dem Verlag C.H. Beck in München bedanken, die mir freundlich erlaubt haben, ihre Karten aus dem Band: Günter Stemberger, Das klassische Judentum, Beck´sche Elementarbücher, C.H. Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München im Computer einzuscannen und für den Roman anzupassen.

Zu großem Dank bin ich auch meinem ehemaligen Halbtagsarbeitgeber, dem Bankhaus Schröder Münchmeyer Hengst & CO in Frankfurt und meinen Vorgesetzten verpflichtet, die mir großzügig erlaubten, Laserdrucker und Fotokopierer zur Vervielfältigung des Manuskriptes und der Leseproben zu benutzen. Ein ganz besonders herzliches Dankeschön gilt Lilli Leopold, die das Einscannen der Landkarten besorgte.

An dieser Stelle möchte ich auch Christiane Lege meinen Dank aussprechen, die mit unendlicher Gründlichkeit und Geduld das Manuskript lektoriert hat.

Und zuletzt noch einmal meinen großen und herzlichen Dank an den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der mir ein Stipendium für juristische Studien in Ägypten gab und mir verziehen hat, daß ich mit leeren Händen zurückkam und nur auf ein noch zu schreibendes Buch mit völlig anderer Thematik verwies. Ich hoffe, mit diesem Roman, der ohne meinen Aufenthalt in Kairo nie geschrieben worden wäre, auch etwas im Geiste des völkerverbindenden Grundgedanken des DAAD geschaffen zu haben - und vielleicht auch einen wissenschaftlich nicht uninteressanten Beitrag zur "Mannigfaltigkeit religiöser Erfahrung" im Sinne William James´.


 

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