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WEB-Tagebuch Regina Berlinghof

Januar 2004
20.01.2004
Mars, Bush - Lügen und Visionen - 2 und Hubble
Natürlich liegt Bush nichts an Forschung und Wissenschaft. Um sein Mars-Mond-Eventprojekt finanzieren zu können, streicht er andere, wichtige wissenschaftliche Projekte. Gestern die Meldung, daß das Weltraumteleskop Hubble nicht mehr gewartet werden soll, sprich angeflogen wird. Dieses einmalige Teleskop funkt gestochen scharfe und überwältigend schöne Bilder aus dem Weltraum zurück zur Erde - nicht verzerrt, nicht gedämpft durch die Erdatmosphäre. Eine Fundgrube für Astronomen, Physiker, Philosophen und für uns staunende Laien. Hubble ist unser Auge ins Universum. 
Aber die nicht spektakulären Basisprojekte interessieren unsere Medienpolitiker nicht mehr. Genau wie bei den Bibliotheken, die die Basis des Wissenschaftsgebäudes bilden, werden hier Etats sorglos gestrichen, weil der Schaden schleichend wie die Strahlung des Atomzerfalls erst in Jahrzehnten sichtbar wird. 
Die offizielle Website des Hubble-Teleskops und seine Bilder: http://hubblesite.org/gallery/
 
18.01.2004
Mars, Bush - Lügen und Visionen
Es ist schon traurig. Da kündigt ein amerikanischer Präsident ein neues Weltraumprogramm an – als Ziel die Raumstation auf dem Mond, bemannte Flüge zum Mars. Und anstatt Freude zu empfinden, spüre ich nur einen schalen Geschmack: Da hat ein Politiker und Lügner ein Programm, ja eine Vision gewählt, um als Präsident wiedergewählt zu werden. Um vom Debakel im Irak abzulenken. Von seinen Lügen überhaupt: die Wahlmanipulationen zu seiner ersten Präsidentschaft durch seinen Bruder Jeb in Florida, die Massenvernichtungswaffen im Irak, nach denen er immer noch vergeblich sucht. 
Und nicht zuletzt: mit großen Zielen begeistert man Volk und Wähler, läßt sie arbeiten, und die Kumpels in den Vorständen der Konzerne machen das große Geld. George W. Bush –  das ist eines der trübsten und traurigsten Kapitel in der amerikanischen Geschichte. 

Irgendwo im Hinterkopf geistern noch die Bilder aus den „Marschroniken“ des Ray Bradbury – und noch mehr aus seiner SF-Story: „Dark they were and golden-eyed“. Die Geschichte der Erdsiedler auf dem Mars, deren Denken, Fühlen und Körper langsam und unaufhaltsam vom friedvollen Geist des Mars und seiner früheren Bewohner durchdrungen und verwandelt wird.
Vielleicht sollten wir George W. Bush als ersten auf den Mars schicken…
 

7.01.2004
Rentenräuber Commerzbank
Gestern kam die Schocknachricht für: Die Commerzbank stellt die Zahlungen in die Betriebsrentenkasse zum Jahresende ein. 30 Millionen Euro sollen auf diese Weise jährlich eingespart werden. Das Unternehmen wird auf diese "wettbewerbsfähiger". Nur - wie lange? Wann folgen die Deutsche Bank und die Dresdner Bank und all die anderen Banken diesem Beispiel?
Natürlich haben die modernen Raubritter, die Vorstandsmitglieder, dafür gesorgt, daß sie - die sowieso mehr verdienen - auf keinerlei Rentenzahlungen verzichten müssen. Ihre Pensionen werden sogar vor Konkurs geschützt. Davor kann der Normalarbeitnehmer nur träumen. Selbstverständlich müssen die Normalos sich an die "neuen Gegebenheiten" und "den Zwang zum Sparen" anpassen. Nur die rentengesicherten Manager brauchen sich an nichts anzupassen oder sich selbst oder ihre Denke zu verändern - oder aus ihren eigenen, ach so geringen Einkünften für ihr Alter vorzusorgen. Wie die alten Raubritter sind sie mit Rüstungen geschützt. Die modernen Rüstungen sind die  vertraglich gesicherten Gehälter, Tantiemen, Abfindungen und Pensionen.
Was würde wohl geschehen, wenn morgen alle Arbeitnehmer der Commerzbank zuhause blieben und die Arbeit den sogenannten Machern, sprich pensionsgesicherten Managern überließen? 
6.01.2004
Abgesang auf Klassiksender - auch Leserbrief zu Gerhard Stadelmaiers Glosse "Tralalalaa" in der FAZ am 19.12.03
mit Ihrer Glosse haben Sie mir aus der Seele gesprochen. Ich glaube,
fast von Anbeginn der Einrichtung von Bayern4 Klassik habe ich alle
meine Radios - einschließlich des Autoradios - auf diesen Sender
eingestellt. Ich war überglücklich, daß ich gerade noch in seiner
Reichweite wohnte, anfangs in Frankfurt, aber selbst im Vortaunusort
Kelkheim kann ich ihn empfangen.
Es war die Garantie, klassische Musik praktisch zu jeder Stunde hören zu
können - ungestört von langen Wortbeiträgen, die mich nicht immer
interessierten. Kleine Ausnahmen wie die Jazzstunde spät abends oder
Kulturreports zwischen 18.00 und 20.00 Uhr störten mich nicht. Wichtig
waren vor allem die frühen Morgenstunden mit Klassik pur: gleich beim
Aufstehen, beim Frühstück mit der Zeitung in der Hand, auf der Fahrt zur
Arbeit.
Der spätere kommerzielle Klassiksender, zwar überall zu empfangen, war
keine ernsthafte Konkurrenz - höchstens ein halber Ersatz, wenn die
Autofahrt aus dem Empfangsbereich hinausführte. Das übermuntere
Ansagergesäusel samt Häppchenmusik nervte schlichtweg.
Nun macht es Bayern4 Klassik dem kommerziellen Sender nach, der sich
schon längst weiterbewegt hat und Klassik fast nur noch aufgeweicht im
Popgewand bringt.

Was soll diese Umstellung seit Sommer? Was sollen die Features morgens
in Allegro? Was sollen die atemlosen Nachrichten mit Reporterberichten
und Stauansage zwischendurch?
Wenn ich Staumeldungen hören will, stelle ich auf die Verkehrssender
ein. Können sich die Programmacher nicht vorstellen, daß der Tagesbeginn
OHNE GELABER, nur mit Musik eine Wohltat und ein Muß für die Seele
bedeuten kann? Vor allem wenn man im Beruf selbst viel reden muß? Ich
habe frühmorgens absolut keinen Bedarf nach aktueller
Kultur-Radioinformation. Wenn ich mich informieren möchte, dann lese ich
die Zeitung und nur die Artikel, deren Themen mich interessieren. So
bleibt mir nichts anderes übrig, als zwischen den Programmen bzw. meinem
CD-Laufwerk hin- und herzuzappen (die moderne Technik machts möglich!),
kaum daß ein längeres Wort-Kulturfeature folgt. Ich verstehe auch nicht,
daß auf einmal die Musik sätzchenweise gebracht werden muß. Inzwischen
glauben die Leute in den Konzerten schon, sie könnten oder müßten
zwischen den Sätzen applaudieren. So geschehen bei der Neunten von
Beethoven bei der Übertragung aus dem Vatikan. Morgens Jazz oder Wagner
ist eine Zumutung (obwohl ich Wagnerfan bin). 
Wie ist es nur möglich, daß man ein erfolgreiches Konzept, das den
Sender einzig in Deutschland machte, auf den Müll wirft bzw. so
verwässert, daß er sich von den anderen Kulturprogrammen nicht mehr
unterscheidet! Als die Coca Cola Manager glaubten, sie müßten mit der
Zeit gehen und die altmodische Flasche und die Zusammensetzung der
Essenz "auffrischen", haben die CocaColaFans mit Boykott und Briefen
dies zu verhindern gewußt. Ich hoffe, die Programmleitung von Bayern4
Klassik besinnt sich und kehrt zur bisherigen und äußerst erfolgreichen
Programmstruktur zurück. Ansonsten bleibt mir nichts anderes mehr übrig,
als zuhause und im Auto einen großen Vorrat von Klassik-CDs
bereitzuhalten - und den Nichtmehr Klassiksender Bayern4 "Klassik"
wegzuzappen!
Schade wäre es doch!

 
 
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