WEB-Tagebuch Regina Berlinghof |
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April 2005 | ||
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Josef Kardinal Ratzinger - Papst
Benedikt XVI. - Gibt es Hoffnung? Als Karol Wojtyla 1978 zum Papst gewählt wurde, hatte ich die Hoffnung, daß er die kaum noch vorhandene Spiritualität in der westlichen Welt neu beleben würde. In gewisser Weise hat er das auch getan. Leider nur innerhalb des vorgegebenen Rahmens der katholischen Kirche. Ihre Grenzen hat er nicht überwunden. Im Gegenteil. Seine Marienverehrung und Frömmigkeit war echt. Sein Denken erzkonservativ. Die Ökumene ließ er stagnieren, die Frauen galten ihm nur als Dienerinnen des Herrn und als Dienerinnen der Diener des Herrn usw. Mit dem Antritt des neuen Papstes ist fast gar keine Hoffnung für das Aufbrechen längst überholter Lehren aufgekommen. Seine knochentrockene und enge Dogmatik hat er über die Jahre deutlich genug verkündet. Dazu die verkniffen pseudo-demütige Haltung, an der nichts echt wirkt. Vor der Wahl war meine Hoffnung, daß er nicht gewählt würde - zu alt, zu konservativ. Aber die von Papst Johannes Paul II. eingesetzten konservativen Kardinäle haben ihren Meister gewählt. Vielleicht sogar im Hinblick auf sein Alter - daß er nicht so lange regieren würde wie der vorige Papst. Gar keine Hoffnung also? Nein. Das merkwürdige bei erzkonservativen Herrschern liegt oft darin, daß ausgerechnet sie verkrustete Strukturen aufbrechen können, was man Liberalen nie zugestehen würde: Nicht der linke Nasser, nicht die Ministerpräsidenten der israelischen Arbeiterpartei wagten, die Grenzen zu überschreiten. Es waren der konservative und fromme Sadat und der erzkonservative und nationale ehemalige Terrorist Menachem Begin, die sich ins Flugzeug setzten und "Feindesland" betraten. Nicht der liberale Peres, sondern der ehemalige Militär Yitzchak Rabin reichte Sadat die Hand. Nun geschah es, daß in Deutschland Pfarrer Hasenhüttl von seinem Bischof Marx verwarnt wurde, als er gemeinsam mit Protestanten das Abendmahl feierte. Die Protestanten sind eben nicht "die Kirche". Aber bei der Totenmesse für Papst Johannes Paul II. reichte der noch Kardinal Ratzinger Frère Roger von Taizé die Hostie - Frère Roger ist Protestant. Und noch etwas: als der neue Papst auf den Balkon trat, war er auf einmal nicht mehr verkniffen, sondern freudig gelöst. Vielleicht war es ja die Freude über seinen Erfolg. Erfolg gebiert Selbstbewußtsein. Vielleicht sogar bei einem bislang engherzigen und eng denkenden Kardinal. Diesmal erwarte ich gar nichts. Aber ich lasse mich gerne überraschen. |
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Totentanz um den Papst - Die
Berichterstattung der FAZ (dies ist die erweiterte Fassung meines Leserbriefes an die FAZ anläßlich ihrer Berichterstattung zum Tod des Papstes - heute in der FAZ abgeduckt.) Bei allem Respekt für die menschliche Größe des verstorbenen Papstes - ich habe nicht schlecht gestaunt, wie sich die seriöse Tageszeitung FAZ eine ganz Woche lang dem Personenkult ergeben und in ein Kirchenblatt der ecclesia catholica triumphans verwandeln konnte. Viele Katholiken in meinem persönlichen Bekanntenkreis – und gerade die in der Gemeinde aktiven – differenzierten sehr viel sachlicher und genauer zwischen dem charismatischen Menschen Karol Wojtyla und dem erzkonservativen Kirchenführer einer dogmatisch verkrusteten Kirche. Immerhin ließ mich Patrick Bahners Leitartikel vom Samstag wieder Hoffnung schöpfen, zitiert er doch schon im Titel die Schrift des Ketzers Martin Luther „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Vor allem die letzten Zeilen Bahners: „Ihn (den römischen Papst) bindet weder Landessitte noch Zeitgeist. Der römische Weltbürger ist ein freier Herr und niemandem untertan, als freier Christenmensch ein Beispiel für alle anderen.“ setzen wahrlich ein Zeichen für die Zukunft: • Wird doch dann der künftige Papst endlich Schluß machen mit jenen mittelalterlichen innerkirchlichen Bestimmungen des Corpus Iuris Canonici, die Geist und Willen der Priester, Theologen und Ordensleute dem absoluten Gehorsam ihrer „Oberen“ und der Kirchenleitung unterwerfen und ihren Leib in den Zölibat zwängen. • Wird doch dann der künftige Papst mit einem anderen Verständnis der sexuellen Liebe die Verhütung erlauben und damit nicht nur Abtreibungen durch Pfuscher verhindern, sondern durch den Gebrauch von Kondomen die AIDS-Verseuchung ganzer Kontinente stoppen. • Wird doch dann der künftige Papst dafür Sorge tragen, daß die eine (weibliche) Hälfte der Menschheit nicht länger vom Priesteramt und kirchlichen Leitungsfunktionen ausgeschlossen bleibt. • Wird doch dann der künftige Papst die Selbstüberhöhung der Menschen gegenüber den Tieren und die vermeintliche Höherwertigkeit des Menschen aufgeben. • Wird doch dann der künftige Papst auch die Kirche mit der Aufklärung versöhnen und die Worte Voltaires beherzigen, der postulierte, Freiheit sei nicht die Freiheit des Mächtigen (z.B. die desjenigen an der Spitze einer mächtigen Institution) sondern die Freiheit des Anderen und Andersdenkenden. |
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Öffentliches Sterben -
Personenkult - Der Tod des Papstes Es begann mit Arafat. Schon Tage vor seinem Tod überschwemmten Meldungen von seinem Leben und Sterben die Medien. Es gab nicht nur eine vorzeitige Todesmeldung - es gab schon Nekrologe, Lebensrückblicke, die üblichen Befragungen der Experten, als er noch atmete. Seit Wochen nun dasselbe Spiel mit dem Papst. Seit seiner Todesmeldung nun auf fast allen Kanälen Lifeberichte aus Rom, Rückblicke auf sein Leben, Statements. Hier starb ein Oberhaupt, ein König oder Kaiser. Rom erwartet seine trauernden Anhänger zu Millionen. Jesus starb als Verbrecher am Kreuz, verlassen von allen, nur ganz wenige blieben bei ihm. Jesus würde heute allein und verlassen in einem Altersheim sterben. "Was ihr für den geringsten unter euch tut, das habt ihr mir getan." |
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Übersicht / Table |