WEB-Tagebuch Regina Berlinghof |
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Mai 2010 | ||
22.05.2010 | "Alternativlos"
- zur Eurokrise und dem Milliarden-"Schutzmantel" dazu ein Zitat aus Michael Lewis': "Liar's Poker" (meine Übersetzung aus dem Original s.u.) Die deutsche Übersetzung erschien unter dem Titel: "Wallstreet Poker" "Die gewitzteren Spieler in unserem Laden suchten nicht nach Schuldigen sondern nach einem Ausweg: Wie konnten wir den Verlust von 100 Millionen Dollar unseres Einsatzes in British Petroleum vermeiden? Oder, um es eleganter auszudrücken, wie konnten wir die britische Regierung dazu bringen, ihre Aktien zum gleichen Kurs zurückzunehmen, mit dem sie sie uns verkauft hatten? Einer unserer leitenden Direktoren in London, der zufällig gerade in New York war, nahm mich tatsächlich beiseite, um mit mir die Argumentation zu üben, die er der Bank von England vorzubringen gedachte. Er hatte die Gesamtverluste aller Banken, die in BP investiert hatten, auf 700 Millionen Dollar berechnet. Er sagte, daß das Finanzsystem der Welt einen solchen Aderlaß nicht verkraften könnte. Eine weitere Panik würde dem folgen. Nicht wahr? Erstaunlich. Er war so verzweifelt, den Verlust zu vermeiden, daß er - wie mir schien - selbst an seine Lüge glaubte. Klar, warum nicht? Ich sagte: Einen Versuch ist es wert. Im Grunde war es ein alter Trick. Mein Boss wollte die britische Regierung mit einem weiteren Zusammenbruch des Aktienmarktes drohen, wenn sie nicht die Aktien ihrer Ölfirma zurücknehmen würden.* (Anmerkung an die Mitglieder aller Regierungen: Hütet euch vor den Wall Street Leuten, wenn sie mit Zusammenbrüchen drohen. Sie neigen jedesmal dazu, wenn Regierungen ihren Pfründen zu nahe treten. Aber sie können so wenig einen Crash verursachen wie sie einen verhindern können. ) *) Es funktionierte nicht. Wie John Gutfreund (Vorstandsvorsitzener von Salomon Brothers) unseren bedrängten Aktionären in unserem Jahresbericht von 1987 so schön erklärte: "Indem wir unserer Verpflichtung unserem Kunden gegenüber nachkamen und mit der Emission der British Petroleum Aktien am Vorabend des Crashs fortfuhren, erlitt die Firma einen Verlust von 79 Millionen Dollar vor Steuern." Original: Michael Lewis: Liar's Poker, Hodder Paperback, S. 288/9 "The shrewder players in our shop weren't looking to affix blame but to find a way out: how could we avoid loosing 100 million dollars on our stake in British Petroleum? Or, to put a finer point on it, how could we persuade the British Government to take back ist shares at the price they sold them to us? One of the managing directors from London, who happened to be in New York, actually took me aside to practise an argument he planned to put to the Bank of England. He had calculated the sum of the losses of the banks underwriting BP to be 700 million dollars. He said that the world financial system might not withstand this drain of capital from the system. Another panic could ensue. Right? Amazing. He was so desperate to avoid the loss that I think he actually believed his lie. Sure, why not? I said: it's worth a try. Basically, it was an old ploy. My boss wanted to threaten the British Government with another stock market crash if they didn't take back their oil company.* (Note to members of all governments: be wary of Wall Streeters threatening crashes. They are tempted to do this whenever you encroach on their turf. But they can't cause a crash any more than they can prevent one.) *) It didn't work. As John Gutfreund explained to our beleagured shareholders in our 1987 annual report, "By honouring our commitment to our client and proceeding with our underwriting of British Petroleum in the wake of the crash, the firm incurred a 79 million dollar pre-tax loss." Michael Lewis (geboren 1960) ist ein amerikanischer Wirtschaftsjournalist, der Ende der 1980-er Jahre bei Salomon Brothers als Bond Salesman arbeitete. Im Alter von 27 Jahren erhielt er damals einen Bonus von 275 Millionen Dollar. Sein Insiderbericht über die damaligen (und noch heute geltenden) Wallstreetpraktiken war ein Riesenerfolg. Er beschreibt komplexe Vorgänge im Wirtschafts- und Finanzsektor sehr anschaulich, alles in einer lässigen, selbst-ironischen Sprache. Reines Lesevergnügen. Sein neuestes Buch "The Big Short" beschreibt die Zusammenhänge der jüngsten Wallstreetkrise, Stichwort Subprime-Bonds. |
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21.05.2010 | Im Stadium
von "Brot und Spiele" Wir sind im Stadium von "Brot und Spielen" angekommen. Ein Fußballfoul an Michael Ballack reicht, um zur Topmeldung in den "heute"-Nachrichten zu werden. Danach ein ZDF-Spezial. Das Erste (ARD) zog gleichauf und brachte nach der Tagesschau ein "Sportschau-Spezial". Heute entschied der Bundestag über die Eurohilfe von 145 Milliarden Euro, die Deutschland ziemlich sicher bezahlen (bürgen) muß und nie wiedersieht. Das betrifft jeden Bürger und jedes Portemonnaie. Dazu gab's kein "Spezial". Weder beim Ersten noch beim Zweiten. |
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13.05.2010 | Finanzkrise -
Geld und Politik Wieso glauben Politiker eigentlich, daß sie mit Geld die Spekulanten in Griff bekommen können? Die Macht des Geldes liegt bei Banken, Hedgefonds und anderen Finanzinstituten. Die Macht der Politik liegt in den Gesetzen und Regularien, mit denen sie den Geldhandel lenken und binden. 750 Milliarden der Europäer werden allein kaum reichen. |
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Übersicht / Table |