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WEB-Tagebuch Regina Berlinghof



Dezember 2010

4.12.2010 Cao Cao und "Die drei Reiche"

Ich verfolge mit großem Interesse Ihre Berichte über die Entdeckung des Grabes des chinesischen Generals Cao Cao bzw. den Streit um die Echtheit des Grabes.

Cao Cao war einer der Kämpfer um die Macht und Nachfolge des geschwächten Han-Reiches im 2./3. Jahrhundert. Im 14. Jahrhundert schrieb Luo Guanzhong eiinen Roman über diese zweihundert Jahre andauernden Machtkämpfe, bis drei Reiche aus dem Han-Reich hervorgingen. Cao Cao und seine Nachkommen gehörten zu den siegreichen Dreien.
In dem Roman von Luo Guanzhong ist Cao Cao vor allem ein mit allen Wassern gewaschener, macchiavellistischer Feldherr und Politiker, der den letzten Han-Kaiser zu seiner Spielfigur macht und gegen den der rechtlich gesinnte Liu Bei mit einigen Kampfgenossen und dem genialen und listenreichen Berater Zhuge Liang (Kongming) den Kampf aufnimmt und dabei einen Verbündeten im Herrscher des Südlandes findet.
Der Roman spiegelt ziemlich getreu die historischen Ereignisse des  Kampfes um die Nachfolge der Han-Dynastie wider, die geprägt sind von wechselnden Bündnissen, Heldentaten, Listen und Verrat. Die äußeren Handlungen werden vertieft durch die Innenansichten und Beratungen der handelnden Feldherren, Politiker und Berater. Der Roman und seine Figuren haben die chinesische Kultur geprägt und in alle Künste hineingewirkt, vergleichbar dem "Kampf um Troja“, der Odyssee, der Nibelungensage oder die Sagen um König Artus im Abendland. Bis heute sind ihre Figuren gegenwärtig, nicht zuletzt durch Filme wie durch Filme („Red Cliff“, „Three Kingdoms“) oder Computerspiele. Im Internet gibt es mehrere Webseiten und eine Enzyklopädie, die sich mit dem Roman und den historischen Fakten beschäftigen.
Um so bedauerlicher ist es, daß dieser große Episodenroman bis jetzt nicht vollständig ins Deutsche übersetzt ist. Es gibt eine Übersetzung von Franz Kuhn im Insel-Verlag der ca. ersten 35 Kapitel (von insgesamt 120). Ansonsten ist man auf die vollständigen englischen Übersetzungen angewiesen. Eine neuere, sehr lesbare, vierbändige Übersetzung von Moss Roberts, gedruckt in Peking (Beijing) ist günstig im Internet zu erwerben. Eine ältere von C. H. Brewitt-Taylor gibt es online.
Wer Chinas Kultur und auch die Hintergründe seines politischen Denkens und Handelns verstehen will, kommt um diesen Roman nicht herum. Es ist wirklich an der Zeit, die Übersetzung der „Drei Reiche“ ins Deutsche in Angriff zu nehmen.Wo also bleiben die großen Verlage und mutigen Sinologen, die es endlich wagen, dieses Mammutprojekt von 2000 Seiten in Angriff zu nehmen?



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