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von Dr. Hans Frisch - gesendet am 12.03.2000 |
Der Buchhändler nahm es aus dem Fenster, wo es in der Umgebung feministischer Literatur gestanden hatte. Vielleicht hat der Bild-Artikel den flauen Umsatz des Buches etwas angekurbelt. Wenn es nach der Präsenz im Internet gehen würde, mit 62 Adressen ist es da vertreten, müßte es eigentlich ein Renner sein. Den früheren Roman über "Mirjam" von Luise Rinser dürfte dieses Buch von Regina Berlinghof aber wohl kaum einholen.
So steht es im Klappentext des
Buches. Und die Frage, was ist der Mensch, was ist Religion, wo ist Liebe,
die wird von Regina Berlinghof - Pardon, von Mirjam - endlich einmal beantwortet.
Es
war alles ganz anders...., wie anders, das ist aus dieser Kurzfassung
nicht zu erahnen. Das ganze Evangelium wird umgedreht. Jesus will
seine Sendung und seine Jünger verlassen, nachdem Mirjam ihm die wahre
Liebe gezeigt hat, Mirjam bringt Pontius Pilatus dazu, Jesus freizulassen
- Judas wird an seiner Stelle gekreuzigt, was aber niemand merkt außer
Mirjam und Maria - Mirjam lebt dann mit ihrem Sohn und Jesus noch in Babylon
bis zu dessen (natürlichem) Tod. Mit der Gemeinde der Christen, die
nach der Kreuzigung entsteht, da wollte sie nichts zu tun haben, denn sie
wußte ja, wie anders alles war, und daß die wirkliche Liebe
die Liebe zwischen Frau und Mann ist.
Man könnte fast sagen: Schade daß dieses "Evangelium der Maria Magdalena" erst jetzt gefunden wurde - ein Glück, daß ein tapferer Journalist es vor dem Verschluß im Vatikan gerettet hat - so könnte man sagen, wenn man das Buch ernst nehmen könnte.
Es gehört schon Phantasie dazu, aus dem Wenigen, was über Maria Magdalena berichtet ist, einen Roman zu machen. Nach der Musik wollen wir mal hinsehen, was über sie in den Evangelien steht.
Maria Magdalena
Es ist wirklich wenig, was wir in den Evangelien von Maria Magdalena erfahren: Von sieben Dämonen hat Jesus sie befreit; sie gehörte danach zu den wohlhabenden Frauen, die Jesus und die Jüngerschar unterstützten; sie steht mit der Mutter Maria und Johannes am Kreuz und begegnet wahrscheinlich als Erste dem auferstandenen Jesus.
"Sieben Dämonen" - es wäre schon interessant zu wissen, was damit gemeint ist. Wir können uns ja Dämonen kaum vorstellen. Wenn jemand "von allen guten Geistern verlassen" ist, wenn einer "getrieben" wird von diesem oder jenem - Ehrsucht, Habgier und was es da so alles gibt - wenn einer "besessen" ist von einer Idee oder einem Verlangen - dann wissen wir, was damit gemeint ist. Wir kennen vielleicht auch Menschen, bei denen so etwas zutrifft, und würden denen wünschen, daß sie davon frei würden. Mindestens so eine Befreiung hat Maria aus Magdala erlebt in der Begegnung mit Jesus.
Auch heute geschieht es immer wieder: Menschen, die Jesus in ihrem Leben begegnen und sich mit ihm einlassen, erleben Befreiung von dem, was sie "gebunden" oder "besessen" hatte. Wenn man solch einem Menschen begegnet, dann erfährt man bald, wie sehr er Jesus liebt. So dürfte es Maria auch gegangen sein. Daß sie Jesus und die Jünger unterstützte, mit dem, was sie hatte, ist nicht verwunderlich. "Sieben Dämonen" - das meint wahrscheinlich soviel wie bei uns "ein ganzes Dutzend" - sie "hing voll drinnen" als Jesus sie rausholte - deshalb war ihre Liebe wohl auch so konsequent, daß sie bis zuletzt, bis zur Kreuzigung dabeiblieb, und auch den Toten noch ehren wollte mit kostbarer Salbe.
Diese Liebe bekommt am Ostermorgen eine wunderbare Antwort. Luise Rinser laßt "Mirjam" als "Jüngerin" alle Ereignisse, die in den Evangelien erzählt werden, miterleben. Sie füllt die 300 Seiten damit sehr einfühlend und interessant. Regina Berlinghof erdichtet auf 550 Seiten eine emanzipierte starke Frau, macht sie zum Mittelpunkt des ganzen Geschehens, vermischt, vermengt und verfälschst die Personen, bis sie ihr passen. Mit soviel Phantasie hätte sie vielleicht sogar ein gutes Buch schreiben können, wenn sie nicht von feministischem Missionseifer besessen wäre.
Die Vermutung, daß eine erotische Beziehung zwischen Maria Magdalena und Jesus bestanden habe, die ist schon alt. Wer den Isenheimer Altar von Matthias Grünewald kennt, der erinnert sich an die Frau, die da am Fuß des Kreuzes hingesunken ist, in wallendem Kleid, die schönen Haare offen, die Hände flehend und klagend verschränkt - so trauert eine Liebende. Johannes und die fast ohnmächtige Mutter Maria wirken dagegen blaß und durchgeistigt. Das Bild ist fast 500 Jahre alt.
Warum eigentlich fehlt jede erotische Andeutung im Neuen Testament? Wahrscheinlich fehlte sie in der entsprechenden Literatur der damaligen Zeit generell. Im Laufe der Kirchengeschichte kam noch etwas dazu: Mit dem Anspruch der (katholischen) Kirche, die Vergebung der Sünden kann nur durch den Priester geschehen (nach der Beichte) - da brachte die Verteufelung der Sexualität eine große Nachfrage nach Absolution, mit entsprechend großem Gewinn für die Kirche, nicht nur Gewinn an Macht. Dazu mußten allerdings die Priester, und später auch die Mönche und Nonnen sich der Sexualität enthalten. Das wäre ein Thema für eine eigene Sendung - und es ist ein heißes Eisen.
Die Erfahrung sehr vieler Christen ist: Die Liebe zwischen Frau und Mann ist eins der größten Geschenke, die Gott uns gemacht hat - sie steht überhaupt nicht der Liebe zu Jesus und zu Gott im Wege. Rückblickend würde ich Jesus wünschen, daß er sie in seinem doch recht kurzen Leben erlebt hat. Wer dieses heilige Geschenk leichtfertig als Spielzeug zu seinem Vergnügen ansieht, der braucht sich nicht zu wundern, wenn es verkommt und sich zwischen ihn und Gott stellt - auch zwischen ihn und sein eigentliches Leben.
Die Treue von Maria Magdalena -
wie auch immer ihre Liebe zu Jesus war - kann uns schon ein Vorbild sein.
Sollte einer sich wiederfinden in der Schilderung gebundener oder getriebener
Menschen - laß dich ermutigen, wie Maria zu Jesus zu kommen.
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