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LESERBRIEF AN DIE FAZ, nichtabgedruckt
4. September 2003
Pilatus, der Judenhasser und Mel Gibsons Jesusfilm
zum Leserbrief von Dr. jur. Joachim Barnewitz, FAZ vom 2.9.03
eine andere Antwort auf Klaus Bergers Artikel „Pilatus
heißt
die Kanaille“ vom 21.8.03 (siehe mein
Leserbrief dazu vom 21.8.03)
Sehr geehrte Damen und Herren,
in seinem Leserbrief widerspricht der Verfasser der
Darstellung
des Neutestamentlers Klaus Berger vom 21.8., Pilatus sei ein
Judenhasser
gewesen und habe ein "hämisches Eigeninteresse an der Kreuzigung
Jesu"
gehabt. In den kanonischen Evangelien könne er für diese
Behauptungen
keine Belegstellen finden.
Nun, die Evangelien sind keine historisch-ambitionierten Werke, sondern
verstehen sich als Berichte von Gottes Heilsplan und der Erlösung
der Menschen durch Jesus Christus. Pilatus spielt in diesem Heilsplan
eine
gewisse Rolle – aber nur in Bezug auf Jesus ist er wichtig. Was
er darüber
hinaus getan und wie er geherrscht hat, ist für die Evangelisten
uninteressant.
Bei Lukas 13,1 findet sich allerdings der Vers, der von einem Blutbad
berichtet,
das Pontius Pilatus unter Pilgern aus Galiläa anrichten
läßt.
Sehr viel ausführlicher schildert sein Wirken der jüdische
Geschichtsschreiber Josephus Flavius in den Jüdischen
Altertümern
(18. Buch, Kap. 3 und 4):
Pontius Pilatus nahm als Statthalter keinerlei Rücksichten auf
die religiösen Empfindungen der Juden, sondern demonstrierte
römischen
Machtwillen. Kurz nach seinem Amtsantritt provozierte er einen
Fastaufstand,
als er die römischen Feldadler mit dem Bild des Kaisers nach
Jerusalem
bringen ließ und gegen alle Bitten und Vorhaltungen bewußt
die Mißachtung des jüdischen Bilderverbotes in Kauf nahm.
Später
konfiszierte er Teile des Tempelschatzes und finanzierte damit eine
Wasserleitung
nach Jerusalem. Es kam zum Aufruhr, den er blutig niedermetzeln
ließ.
Später ließ er – gegen die bisherige Praxis –
Münzen mit
dem Bildnis des Kaisers Tiberius prägen, wieder ein
unerträglicher
Verstoß gegen das Bilderverbot der Zehn Gebote. Kurz, er
führte
sich auf wie ein Elefant im Porzellanladen – allein der
römischen
Macht und Kultur verpflichtet. Eine Parallele zu heute: Man stelle sich
vor, Präsident Bush wollte Kirchenglocken in den Moscheen der
heiligen
Stadt Nadschaf oder Mekka anbringen lassen. Oder der saudische
König
wollte ein Minarett vor dem Petersdom errichten.
Gegen Pontius Pilatus wurden immer wieder Beschwerden in Rom
vorgebracht.
Als er auch brutal gegen die Samaritaner vorging und die
Verhältnisse
in Rom sich gewandelt hatten, wurde er 36 n.Chr. nach Rom abberufen, um
sich dort zu verantworten.
Mit freundlichen Grüßen,
Regina Berlinghof
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