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Kofa Park - Organ Pipe State Park, Arizona

Samstag, 17. Juni 2000, Kofa National Wildlife Park, Palm Canyon

Als ich wieder erwache, steht ein Auto vor mir! Ich war sicher gewesen, daß ich es vorher meilenweit hören und sehen würde. Und nun - gerade halb fünf in der ersten Morgendämmerung, bin ich total überrascht. Ich verstehe nicht ganz, was der junge Mann mich fragt. Er steigt aus. Ob ich einen grauen Wagen gesehen hätte. Er scheint ein Ranger zu sein. Ich: nein, ich wäre hier seit gestern nachmittag um drei und hätte niemanden gesehen. Eigentlich blöd, ihm so zu verraten, daß ich völlig allein bin. Aber mein Auto mit dem belegten Beifahrersitz zeigt es ja auch. Aber er grüßt nur kurz und braust in einer Staubwolke davon. Hat er wirklich nach einem grauen Wagen gesucht oder hat er auf verbrämte Weise, mich gecheckt? Ich lege mich noch einmal hin. Es hält mich aber nicht lange am Boden. Ich stehe auf und warte auf den Sonnenaufgang.

Gestern habe ich die Biographie Georgia O'Keeffes zu Ende gelesen. Ich fühle mich als eine Seelenverwandte. Nicht nur wegen unserer gemeinsamen Liebe zur Wüste und zur Einsamkeit. Ich liebe ihre glühenden Farben, die schwungvollen, lebendigen Linien ihrer Blüten- und Knochenbilder. Die ganze Intensität, der ganze Rausch der Wüste steckt darin. Ich suche einen Platz, wo ich in Ruhe schreiben kann. Gestern habe ich den neuen Roman angefangen. Ich bin glücklich. Aber es ist noch nicht die endgültige Version. Ich werde noch einmal anfangen müssen. 
 
Samstag, 17. Juni 2000, 16.25 Uhr, Organ Pipe National Park, bei Lukeville, Ajo-Roundtrip

Ich bin hinunter bis zur mexikanischen Grenze bei Lukeville gefahren. Habe "Geld" im Groceryladen am ATM, dem Geldautomaten, und noch Benzin getankt. Dann die 15 Meilen zurück Organ Pipe Park. Ich bin nach rechts in den Ajo-Roundtrip eingebogen - wieder eine unbefestigte Straße, nur streckenweise bei Steigungen und scharfen Kurven asphaltiert. Jetzt sitze jetzt an einer Raststelle unter dem Schattendach von dornigen Ocotillozweigen. Übernachten möchte ich hier aber nicht. Es ist zu windstill in diesem geschützten Canyon. Ich würde vor Hitze nicht schlafen können. Im Campground auf der anderen, offeneren Seite der Straße kann der Wind durchstreichen, und es gibt es sogar fließend Wasser, wenn auch keine Dusche. 
Am Morgen war ich die 95 nach Süden bis zur Interstate 8 gefahren, dann nach Osten. Bei Gila Bend ging es wieder auf die Landstraße nach Süden. Auf der Autobahn überfiel mich die Müdigkeit. Ich kämpfte dagegen an, aber ich merkte, wie ich manchmal mit dem Lenkrad eierte, wie mir fast die Augen zufielen. Der dritte Tag nach dem Flug. Ich hatte den Jetlag noch nicht ganz verdaut und sicher auch nicht die Klimaumstellung. Und ich hatte in den vergangenen Tagen vermutlich doch nicht genug geschlafen. Schon die letzte Nacht zuhause gab es nur vier Stunden, dann der lange Flug gänzlich ohne Schlaf. Und die Nächte draußen bedeuteten immer Schlaf mit Unterbrechungen. Die Isomatte war wirklich eine gute Wärmedämmung und schützte gegen kleine, spitze Steine. Aber der Felsuntergrund blieb doch so hart spürbar, daß ich mich im Schlaf nicht automatisch umdrehte, sondern immer erst aufwachte und dann von einer Seite zur anderen wechselte. 
Gottlob kam bald eine Raststätte. Am liebsten hätte ich mich hingelegt und einfach geschlafen. Nur ging das an dieser öffentlichen Raststätte schlecht. Ich wusch mir Gesicht und Arme in der Toilette und holte mir ein Cola aus dem Thermobehälter, preßte eine halbe Zitrone dazu, setzte mich an eine der überdachten Sitzgruppen. Danach wurde ich wieder wacher. Fuhr weiter. Die Müdigkeit kam nach einer Weile zurück. Aber ich wußte: es hat auch mit der Autobahn zu tun. Auf der Landstraße würde die Müdigkeit aufhören. Warum weiß ich nicht genau, aber so ist es. Das habe ich schon bei den früheren Reisen in Amerika erlebt. Kann es sein, daß auf der Autobahn viele übermüdete Autofahrer, vor allem LKWfahrer unterwegs sind? Daß diese Müdigkeit sich in den Steinen oder der Umgebung wie Auspuffgas festsetzt und ansteckend auf andere wirkt? Ausschließen möchte ich es nicht. Als ich bei Gila Bend (schöner Name, erinnert an die Gila Monster, die schrecklichen Echsen. Leider habe ich keine gesehen.) die Interstate verlasse, bin ich wieder wach. 

Nach der Erfahrung in Needles vor vier Jahren fahre ich erst die ganze Hauptstraße ab, um die günstigste Tankstelle zu finden. Damals war ich so knapp mit dem Benzin in den Ort gekommen, daß ich erleichtert die erste Tankstelle aufsuchte - und zwanzig Cents mehr pro Gallon zahlte als bei den anderen, die ich später sah. In Gila Bend wird in einem kleinen Laden "Mexican Food" angeboten. Ich bestelle ein Burrito. Der Fladen ist phantastisch frisch gebraten, die Füllung eine ungewürzte Bohnenpampe. Dazu von einem Groceryladen eine erfrischende Milch, die allerdings den Bauch aufbläht. Dann geht es auf der 85 ganz in den Süden. 

Während ich hier im Schatten sitze und schreibe, kommt ein Eichhörnchen. Offensichtlich hat es gute Erfahrungen mit Touristen gemacht und wurde gefüttert. Ich tue auch meine Pflicht und biete ihm Trauben an, die es auch gierig an Ort und Stelle verspeist. Erst die vierte oder fünfte Traube wird abtransportiert. Ein amerikanischen Ehepaar aus Massachussetts kommt kurz dazu, gibt Brösel von einem Müsliriegel dazu. Er hat in Tuscon beruflich zu tun. Da haben sie zwei Tage noch drangehängt. Das waren die einzigen Touristen, die ich heute gesehen habe. 
 
 

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