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Monument Valley - San Juan River, Valley of the Gods, Goosenecks, Muley Outlook - Monument Valley

Donnerstag, 22. Juni 2000, 5.05 Uhr (6.06 Navajozeit), Monument Valley

Glücklicherweise bin ich in der Nacht öfters aufgewacht, so auch zwanzig Minuten nach vier. Der Himmel war tiefrot, wolkenverhangen mit Schattierungen von rot bis lila. Ich kroch aus dem Schlafsack, rannte zum Auto und holte die Kamera. Seitdem sitze ich (wieder halb im Schlafsack) und schaue, staune, fotografiere.
2000USA-MonValley-SunriseIm Zelt des Fotografen nebenan bleibt alles ruhig, von ihm nichts zu sehen und zu hören. Viel für die Natur scheint er nicht übrig zu haben. 

In mir spüre ich das Glück dieser Landschaft, meine Seele ist frei, schwingt sich auf.

Donnerstag, 22. Juni 2000, 11.30 Uhr (12.30 Navajozeit), Muley Point (Valley of the Gods)

Ich sitze im Auto, schaue über die Goosenecks des San Juan River und warte, daß das kleine Gewitter endlich vorüberzieht. Hier oben am Rand der Canyons ist die Blitzeinschlaggefahr am größten. Also ziehe ich lieber das Auto vor. Ein paar Tropfen kommen herunter, die Sonne scheint aber schon wieder. Die Gewitterwolken sieht man von weitem heranwandern. Erst zog sich eine Gewitterfront rechts (nordöstlich) zum Navajo-Mountain. Die Goosenecks sollten eigentlich Swannecks, Schwanenhälse, heißen, so schöln sind die Schleifen, in denen sich der San Juan unten im Tal in fast geschlossenen Kreisen windet und schlälngelt. Wenn ich so die Blitze von ferne zur Erde niederschlagen sehe, kommt mir plötzlich die Frage, warum man Blitze eigentlich immer als Strafe ansehen muß. Jupiter und Wotan/Donar - die Herrscher im Götterhimmel haben ihre Macht auf Blitz und Donner gegründet. Sie schleudern ihre Blitze zornig gegen Frevler - seien es Götter oder Menschen. Wenn einem das Haus durch Blitzeinschlag abbrennt, kann man darin leicht eine "Strafe" des Schicksals sehen. Aber ohne diese Gefahr sind Blitze Brücken zwischen Himmel und Erde. Vermutlich konnten Nomaden Blitz und Donner noch so sehen. Uranos, der alte Himmelsgott schuf zusammen mit Gäa, der Erde, alle Kreaturen. Ist es nicht viel schöner, Blitze als Funkensprühen der Götterliebe von Uranos und Gäa, von Himmel und Erde zu sehen? Liebe und Sexualität als kosmisches Grundprinzip. Als Verbindung, nicht als Gegensätze der großen Natur. Mit Zeus, Jupiter, Donar/Wotan kommen Macht und Strafe als Herrschaftsmittel zum Zug. Die großen Buchreligionen: Judentum, Christentum, Islam haben von Blitz und Donner als Strafmittel abstrahiert. Aber Strafe und Gericht sind geblieben.  
Kaum hatte ich die kleine Erkundung des Geländes zu Fuß beendet, hatte meine Sachen ausgepackt und unter einen Wacholderbaum geschleppt, kam der erste Donner. Ich blieb zwar eine Weile, aber als es immer näher donnerte, zog ich es doch vor, im sicheren Faradayschen Käfig des Autos zu sitzen. Nach einer Viertelstunde kann ich aussteigen. Plaziere mich wieder unter dem Baum, als mit Lachen und Lärmen eine Studentengruppe angefahren kommt. Wie sich herausstellt: Environmental High School Students. Sie laufen überall herum - beschauen sich den Canyon, sehen und grüßen mich, ich beschaue sie und grüße zurück, komme kurz mit dem Leiter ins Gespräch. Als sie abgefahren sind und wieder Frieden und Stille einkehren, donnert es wieder. Eine Familie mit Hund kommt. Er läuft direkt auf mich zu, drückt mir seine Schnauze in die Hand. Es ist ein goldfarbener Indianerhund. Najone, was pretty heißen soll. Sie hatten sie vor zehn Jahren aus dem Indianergebiet mitgenommen.

Heute morgen beim Tanken sind mir zwei streunende Hunde über den Weg gelaufen. Ich habe ihnen Brot gegeben und Wasser in einem Schälchen hingestellt. Das Weibchen mußte Jungen haben, sie führte Milch. Das Fell beider war in einem erbärmlichen Zustand. Und beide waren sehr scheu: mehr geschlagen und fortgescheucht als gestreichelt und willkommen geheißen. Ich würde sie am liebsten mitnehmen. Aber dann denke ich an Momo zuhause, die keine anderen Tiere neben sich verträgt und verstört reagiert, wenn ich Hund oder Katz in die Wohnung bringe. So wird es nur beim Füttern der beiden Streuner bleiben. 

Ein zweites Mal ziehe ich ins Auto um. Während ich noch drinnen sitze, kommt über die Sandpiste wieder ein Auto. Zwei ältere Paare, Amerikaner. Sie wundern sich, daß ich mich im Auto verkrochen habe. Ich erkläre. Ich sehe an ihren Gesichtern, daß sie mich für feige halten. Nun, sollen sie doch. Als die Blitze, Donner und Regentropfen immer näher rücken, suchen auch sie Zuflucht zum Auto und fahren davon. Die Wolken wandern schnell. Als ich aussteigen kann, suche ich ein Plätzchen auf der anderen Seite des Parkrondells. Dahin hat es die Touristen noch nie gezogen. Auch mich bisher noch nicht. Es ist schon merkwürdig, wie sich die Touristenströme (selbst in diesen einsamen Gegenden) in schmalen, wie vorgezeichneten Wegen, Stegen, Punkten bewegen. Kaum weicht man von den vorgegebenen Trampelpfaden ab, ist man allein. 

Donnerstag, 22. Juni 2000, 19.35 Uhr (20.35 Navajozeit), Monument Valley

Dies wird eine Autonacht. Es hat hier geregnet - die letzten Tropfen fielen noch, als ich am Spätnachmittag zurückkam. Für mich als Touristin nicht sehr erfreulich, für die Indianer und ihr Vieh, für die Tiere und Pflanzen hochwillkommen. Der Monsun, der im Juli/August über die Hochebene streicht, hat schon viel früher begonnen. Der Wind geht kräftig, frisch. Der Boden ist naß. Ich gehe erst einmal zur Dusche. Bei zwei Duschen bleiben die Quarters hängen, erst die dritte funktioniert. 

Nach dem Muley Point habe ich noch einmal meinen Platz gesucht und gefunden, der auf der Landstraße weiter zum Natural Bridges Park führt. Auf dem Weg zu meinem Plätzchen, sah ich ein Fell. Ich dachte an ein Eichhörnchen, denn das Fell war lang und schmal. Dann erst entdeckte ich, daß es nur ein Teilstück von einem ganzen Lammfell war. Entweder ist hier ein Tier gerissen worden oder jemand hat es hingelegt, um Leute abzuschrecken. Ich habe mich doch auf meinen Platz gesetzt mit dem Blick über ein menschenleeres Tal. Nur Büsche und Pinienwälder. Aber es gab zu viele Mücken und Insekten. Sie haben mich vertrieben.

Heute gibt es im Campground keine Trommel. Nur auf der Gitarre spielt jemand. Der Wind bläst stark. Selbst mit zwei Pullovern und der Windjacke fühle ich mich ungemütlich.
 

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