zurück zur Homepage
 

weiter
zurück

zurück

Wildrose Canyon - Panamint Valley, Death Valley -
Death Valley Aguereberry Point

Montag, 3. Juli 2000, 8.45 Uhr - Death Valley, Wildrose Canyon, Waldrand

In dieser Nacht wachte ich gegen Mitternacht durch ein Geräusch auf. Es kam seitlich vom großen Baum her - wie eine leise Trommel. Wie wenn zwei Dinge gegeneinander stoßen. Nicht das Geräusch von Schritten auf Felsen oder durchs Gebüsch. Trotzdem bin ich beunruhigt. Ich hole die Taschenlampe aus dem Schlafsack, leuchte um mich. Nichts zu sehen. Ob es hier Bären gibt? Der Gedanke packt mich, macht mir Angst. Dann besann ich mich. Besann mich auf unsere innerste gemeinsame Natur und die Liebe, die alle Lebewesen verbindet. In diesem Moment wußte ich, daß ich nichts zu fürchten brauchte. Selbst wenn es ein Bär wäre: in diesem Zustand würde mir kein wildes Tier irgendetwas zuleide tun. Ein paarmal kehrte die Angst wieder - aber immer wieder konnte ich den liebenden Zustand zurückfinden. Das Trommelgeräusch ging immer weiter. Am Schluß hatte ich das Gefühl, daß der Bär (wenn einer da wäre) mich nicht bedrohen, sondern sogar beschützen würde. Ich bin ganz ruhig eingeschlafen und habe richtig ausschlafen können. Der Wind blies allerdings kräftig und fegte in Böen über den Boden. Aber Schlafsack, Isomatten und Decken hielten gut warm. Im Morgengrauen hörte ich einen Koyoten, dem mehrere im Chor antworten. Ich hab mich gefreut. 

Die Sonne kam erst spät über den östlichen Hügel. Ich habe die Sonne durch das Baumgeäst fotografiert, bin gespannt, ob die Bilder etwas geworden sind. 

Montag, 3. Juli 2000, 17.10 Uhr - Death Valley, Agueberypoint

Ich bin morgens zum Wildrose Canyon zurückgefahren, habe die Segnungen des fließenden Wassers genossen. Hier war ich wieder allein. Heute fahre ich durch den Wildrose Canyon ganz durch hinunter ins Panamint Valley, das sich parallel zum Death Valley hinzieht, westlich von der trennenden Bergkette. Von dort werde ich zum angepriesenen Aguerebery Point in den Bergen zurückfahren. Ein kleines Rinnsal läuft noch oben durch den Canyon. Weiter unten ist alles schon wieder trocken. Die roten und weißen Oleanderbäume (Büsche wären eine sprachliche Untertreibung) blühen in verschwenderischer Pracht. Hier gibt es jetzt auch zwei Camping-Sitzgruppen. Hier frühstücke ich im Schatten der Oleander. Ein wunderbarer Platz!

Das Panamint Valley ist fast eine zweite Ausgabe des Death Valley. Nur ist es nicht ganz so tief und hat vielleicht auch nicht so viele Seitencanyons mit Fels- und Farbenspielen. Deshalb rasen die Autos auch durch dieses Tal und bleiben nicht. Dabei hat es ähnlich große Salzpfannen wie Death Valley. Und die Sanddünen am Nordende des Tals sehen größer und schöner aus als die vom Death Valley. Aber da sie nicht zum berühmten Death Valley gehören, bleibt kein Auto stehen. Nicht die Schönheit zählt, sondern die Geltung unter den Menschen, die soziale Anerkennung. Death Valley hat VIP-Status,  Panamint Valley ist Economy Class. Ich fahre nicht gleich zurück zum Death Valley, sondern biege zum Ort Panamint ab, fahre bis zur Anhöhe der westlichen Bergkette. Unten sieht man die Straße kerzengerade das Tal durchqueren, dann geht es in einem spitzen Winkel hinauf in die Berge, hinter denen sich Death Valley verbirgt. Die Straße führt im Tal mitten durch die Salzpfanne. Ich halte, laufe über die Kruste, die mich trägt, und fotografiere die Sanddünen in der Ferne. Dann geht es in Serpentinen den Berg hinauf. Der Blick geht nach vorne in eine Schlucht, die durch bizarre rotbraune Felsmassive begrenzt werden. Im Blick zurück liegt das Panamint Valley im Sonnenschein. Weiß leuchtend die Salzkrusten, wunderschön die Sanddünen. Wie vor vier Jahren steige ich alle naslang aus dem Auto und fotografiere. Vermutlich sogar dieselben Bilder. Aber ich sage mir: die Beleuchtung ist jedesmal anders, und vielleicht gibt es doch kleine Unterschiede im Bildausschnitt. Die Schlucht links, die Felswände rechts schimmern in allen Erdfarben und schwarzen und türkisen Anteilen. Schon sehr weit oben erhebt sich an der rechten Straßenseite ein schwarzer Solitär. Ein Fels - mir scheint, aus schwarzem Basalt - ganz glatt, abgerundet zu einem fast perfekten Oval. Als hätte ein Künstler einen monumentalen schwarzen Kieselstein geschaffen. In Death Valley fahre ich noch einmal durch die Talmitte zum Visitor Center und Furnace Creek, tanke, gebe Ansichtskarten in die Post. 

Dann geht es im Bogen zurück zum Wildrose Canyon. Die Straße zum Aguerebery Point ist mit rotem Felsschotter gut planiert - jedenfalls eine gute Strecke. Dann, als es in die Berge hineingeht, verengt sie sich teilweise auf Wegbreite. Ich fahre sehr langsam. Falls ein Fahrzeug entgegenkommt, kann man nicht ausweichen. Einer muß dann zurückfahren bis zu einer Ausbuchtung. Ich habe Glück, kein einziges Auto ist vor mir oder hinter mir. Dann plötzlich der Blick auf ein metallenes Klohäuschen, und ich weiß, ich habe das Ziel erreicht. Oben auf Kammhöhe des Berges ist ein Parkplatz - jedenfalls eine plane runde Fläche, die sich zum Parken anbietet. Ein paar große Felsbrocken verhindern, daß ein Autofahrer versehentlich weiter geradeaus fährt - direkt in den Abgrund hinein. Hier ist man über 5000 feet hoch, 1681 Meter (?). Der Wind bläst sehr heftig. Er kann hier ungehindert über die Kamm streichen, der hier eine Breite von vielleicht zwanzig Metern hat. Nach vorne geht der Blick 1600 Meter ins Death Valley - man kann es hier fast in seiner ganzen Länge sehen. Jedenfalls nach Süden. Nach Norden sperren kleinere Vorgebirge die Sicht. Aber man sieht unten den Ubuhebekrater. Im Süden die weißen Salzpfannen. Und unten, weit entfernt gegenüber, gegenüber leuchtet es gelb, braun, rot, schwarz in langen, welligen Felsformationen. Das kann nur der Zabriskiepoint sein, den man von hier ganz aus der Höhe überblicken kann. Ich checke mit der Karte. Ja, Aguerebery Point und Zabriskiepoint liegen sich gegenüber. In der Mitte im Tal dazwischen Furnace Creek mit seinem grünen Golfplatz und den Palmen, die von hier aus kaum auszumachen sind. Ein phantastischer Anblick. Auf meiner Seite schiebt sich nach Süden noch ein Berghang vors Tal, versperrt aber nicht die Sicht. Und rechts kann man wieder die Zackenbänder in einem schwarz-braunen Berg verfolgen. 

Die Schotterstraße führt hinter einem Felsen noch weiter nach oben. Ich lasse das Auto stehen, wandere, mit der Feldflasche und Kamera bewaffnet, hinauf. Hier hat man nur den Blick in sanft wellige Hinterland im Westen, zum Emigrant Pass. Dann macht die Straße wieder eine Biegung, jetzt öffnet sich die Straße zu einem weiteren, schmaleren Plateau. Und der Blick geht weiter in den Norden. Nur noch ein Fußweg führt an ein paar Felszacken vorbei zu einem Felsenvorsprung. Er ist breit genug, und der Hang fällt seitlich nicht so steil in Tiefe, so daß ich ihn entlanggehen kann. Der Blick wird noch weiter, reicht weit nach Norden. Ganz vorne ist ein halbhoher Felsen, auf den man sich wie auf einen Thron setzen kann. Dann ist der Rundblick perfekt. Außerdem gibt der Fels Halt. Denn der Wind bläst so stark, daß man sich gegen ihn stemmen muß. Hier werde ich den Sonnenuntergang beobachten und übernachten. Das Übernachten ist hier eigentlich nicht gestattet. Es ist nur ein Tagesrastplatz. Ich hoffe, daß ich keinen Schaden anrichten werde und bleibe guten Gewissens. Die ganzen Abfälle nehme ich sowieso immer im Auto mit. Es ist noch viel Zeit. Ich laufe zum Auto zurück. Am oberen Plateau sind inzwischen zwei Autos mit französischen Familien mit Kindern angelangt. Die Kinder schwärmen mit viel Geschrei aus. Die Leute machen einen sehr netten Eindruck. Wir unterhalten uns kurz. Als ich den Parkplatz vom Auto erreiche, fahren sie schon wieder zurück. Ich habe den ganzen Aussichtspunkt nun für mich. Das sind die einzigen Menschen, denen ich heute begegnet bin und mit denen ich gesprochen habe. Auf dem Weg zurück schrecke ich eine wunderschön farbig gezeichnete Echse auf, die ich überhaupt nur wahrnehme, weil sie vor mir davonläuft.

Die sinkende Sonne, die ihre Strahlen auf die gegenüberliegenden Berge wirft und die Farben vom Zabriskiepoint immer intensiver zum Glühen bringt, läßt mich immer wieder zum Fotoapparat greifen. Ich schreibe am Autoparkplatz ein bißchen ins Tagebuch. Der Wind bläst so kalt, daß ich trotz strahlender Sonne Pullover, Jacke und lange Jeans anziehen muß. Ich frage mich allmählich, ob es die Idee so gut war, hier zu übernachten. Wie kalt und stürmisch wird es erst in der Nacht werden! Aber als ich dann ein Stück hinter die Felsen auf den Weg zum Ausguck entlanggehe, der breit genug ist, um dort den Schlafsack auszubreiten und sich umdrehen zu können ohne den Abhang hinunterzurollen, merke ich, daß die Felsen einen guten Windschutz abgeben. Hier in der Sonne wird es augenblicklich heiß.

Gegen halb sieben gehe ich wieder den Weg hinter den gelben Felsen entlang zum Adlerausguck. Hier fliegen Schwalben und manchmal auch Raben im Aufwind hoch. Dann, schon während des Sonnenuntergangs, mischen sich erste Fledermäuse in ihrem Taumelflug hinein. Unten im Tal werden die Schatten immer länger, bedecken schließlich den ganzen Talgrund. Auch die Gräben und Furchen vom Zabriskiepoint verschwinden im Einheitsgrau der Schatten. Hier oben scheint noch die Sonne. Ich breite Isomatte und Schlafsack auf dem Wegstück nahe beim Parkplatz aus. Noch im Liegen sehe ich der Sonne zu, bis nur noch ein gelber und lila Lichtsaum die Berge und Hügel im Westen säumt. Diese Nacht kann ich gut und fast ohne Unterbrechungen durchschlafen. 
 
 

zurück

zur Übersicht

zurück zur Homepage
(c) Copyright Regina Berlinghof, eMail:
mail@regina-berlinghof.de
zur Übersicht

weiter
zurück