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Bristlecone Pine Park - Big Pine - Lone Pine - Darwin -
Panamint Valley - Death Valley, Wildrose
Canyon/Thorndyke Campground

Mittwoch, 5. Juli 2000, 8.55 Bristlecone Pine National Park, Grandview Campground

Ich habe etwas abseits von meinem Schlafplatz gefrühstückt, um den vollen Blick auf die Sierras zu genießen. Es ist noch kalt. Lange Jeans, Pullover und Windjacke sind unabdingbar. Dann fahre ich noch einmal zum Sierra View mit dem 180 Grad Blick ins Owenstal und zu den Sierras. Jetzt steht die Sonne gut im Rücken. In der Morgensonne sind die Linien noch ganz klar. Ich fahre die Straße weiter nach innen, muß nur aufpassen, daß ich es samt Rückfahrt zu einer Tankstelle in Big Pine, dem nächsten Ort im Tal unten, packe. An einer Gabelung geht es rechts zum eigentlichen Nationalpark mit Visitor Center. Die Straße links verwandelt sich in eine Schotterpiste, führt in grüne, blumenübersäte Hügel, die an die Matten der Schweizer Berge erinnern. Nur wächst hier kein Gras, sondern kleine dürre Wüstenbüsche. Nur von weitem ähneln sie den gewohnten grünen Wiesen. Auch hier hoffe ich, bald auf den Vorsprung zu kommen, der wieder den Blick ins Tal bietet. Aber jedesmal, wenn ich eine Höhe erklommen habe, geht es am anderen Ende des Hochtales wieder einen Berg hinauf. Ich kehre um. Fahre nach Big Pine, tanke dort und versorge mich mit Lebensmitteln, Jerkies (luftgetrocknetem Rindfleisch), Icecubes und Zeitungen. Die beherrschenden Schlagzeilen: nicht die große Weltpolitik (die findet meist erst auf der dritten oder fünften Seite statt), sondern das fieberhafte Warten von Jung und Alt auf den vierten Harry Potter Band, der am 8. Juli in die Buchhandlungen kommen soll. Ein Mädchen hat Glück und kann ihn schon lesen. Irgendeine Provinzbuchhandlung hat arglos vor dem Sperrtermin den Band an den Vater des glücklichen Mädchens verkauft, das nun von allen beneidet wird - und eine Schlagzeile wert ist!

Ich will wieder zurück ins Death Valley. Diesmal von einer Straße aus, die ich noch nie gefahren bin: über Lone Pine, die vom Westen ins Panamint Valley führt. Ich kam bisher von Süden - über Ridgecrest und Trona oder vom Wildrose Canyon auf diese Straße. Die Strecke nach Lone Pine ist stark befahren. Die 395 hat öfters sogar vier- oder dreispurige Abschnitte. Das Owens Valley ist nicht nur Ausgangspunkt für Fahrten ins Death Valley, sondern auch zum Wandern in den Sierras. Und Angeln kann man hier. Der Owens River führt allerdings nur wenig Wasser. In den dreißiger Jahren verkauften die Bauern die Wasserrechte an die Stadt Los Angeles, die das Wasser in Leitungen nach Süden führt. Seitdem ist das Tal fast ausgetrocknet. Die Farmer fühlten sich von den Angelenes und den Politikern übervorteilt. Lone Pine und Big Pine sind wie die meisten Städte hier, Straßenortschaften, d.h. sie ziehen sich links und rechts der Hauptstraße entlang, durch die der Überlandverkehr läuft. Es gibt nur wenige und kurze Seitenstraßen. 

Hinter Lone Pine hat der Wind eine weiße Sandwand vor die Berge geweht, die das Panamint Valley versperren. Dort genau führt die Straße hin. Als ich ganz nahe dran bin, sehe ich die Sandkörner wie Wellen über die Straße fegen. Bei einem richtigen Sandsturm entwickeln sie eine solche Kraft, daß sie in kurzer Zeit Spiegel, Bierflaschen und sogar Autos "blind" fräsen können. Ganz nah gibt es wieder grandiose Felsformationen. Und eine Schlucht aus dunkelbraunem und rotem Fels. Es sieht aus, als würden die Felsen bluten. Schon oben auf der Hochebene gibt es einen Abzweig in ein Minenstädtchen: Darwin. Von dort soll eine Schotterpiste ins Panamint Valley führen. Die möchte ich gerne fahren. Auch Darwin scheint wie Golden Point ausgestorben zu sein. Aber dann sehe ich in einer Querstraße in der Mitte des Orts Skulpturen in einem Vorgarten. Ich fahre hin. Vor allem ein Liebespaar aus weißem Stein, versunken im Kuß, spricht mich stark an. Etwas völlig eigenes. Die Thematik erinnert an Rodin, ist aber künstlerisch völlig eigenständig. Die beiden stehen. Die Unterkörper scheinen miteinander verwachsen zu sein. Dann sehr schwungvoll die ausgebreiteten Arme, die sich umschlingen, die Köpfe im Kuß verbunden. Ansonsten viele abstrakte Formen, Steine nur roh zubehauen. Und mit Humor viel Nippes. Daneben ein Haus mit einem kleinen Vorgarten. Eine bemaltes Holzbild: die Rückansicht einer Gärtnerin, in ihre Arbeit versunken, so daß man nur Beine und Hinterteil sieht. Ich fotografiere auch dieses Bild, da kommt die Bewohnerin an die Tür. Wir kommen ins Gespräch. Sie macht einen kleinen Rundgang, zeigt mir ihren Garten und den ihrer Nachbarn, der Künstler, die leider nicht da sind. Als ich sie nach der Schotterpiste frage, rät sie mir mit meiner Limousine ab. Neun Leute wohnen noch in Darwin! Die Mine arbeitet nicht mehr. Sie lebt von der Pension ihres Mannes, der beim Militär war. 

Ich kehre zur Hauptstraße zurück, fahre Richtung Panamint Valley und brauche es nicht zu bereuen, daß ich nicht die Schotterpiste fahren konnte. Vor Panamint Valley führt die Straße in eine senkrecht abstürzende Schlucht in allen Farben, den Rainbow Canyon. Weiter vorne ist ein Aussichtspunkt: Father Crowley Point. Ich fahre so weit vor wie möglich, der Wind bläst unglaublich, daß ich mich kaum auf den Beinen halten kann. Man sieht die Straßenführung durch die Schlucht, die sich ins Panamint Valley öffnet - und weiter die Straße hinauf zu den Bergen rings um Death Valley. Ich fotografiere wie eine Besessene - merke plötzlich, daß ich gar keinen Film wechseln mußte. Mir schwant schlimmes. Vermutlich hat der Transport der Kamera wieder gehakelt, so daß ich alle Bilder übereinander lege (genauso ist es geschehen - leider!) Aber ich bin richtig glücklich, daß ich noch diese Straße gefahren bin. Nun komme ich in der Nachmittagssonne von Westen die Death Valley Berge hinauf. Wieder Fotos, diesmal in anderem Licht. Ich fahre wieder zum Wildrose Canyon, hoffe, daß der Campground leer ist. Aber eine ganze Gruppe hat sich dort niedergelassen. Also fahre ich die kleine Straße weiter. Diesmal will ich nicht am Straßenrand nächtigen. Vielleicht war meine Feuersorge auch übertrieben. Die Amerikaner sagten, hier hätte es seit Ewigkeiten nicht gebrannt. Ich fahre zu den Kilns und weiter hinauf zum Thorndyke Campground, der auf der unbefestigten Straße zwei Meilen weit entfernt liegt. Ganz unter Pinien gelegen, seitlich der kleinen Straße. Hier ist niemand. Ich suche mir einen schönen, abgelegenen Platz. Ab zu höre ich eine Eule oder ein Käuzchen, dann fällt mit einem knisternden Geräusch ein Zapfen aus den Pinien - natürlich immer hinter mir. 
 

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