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Death Valley, Thorndyke Campground - Death Valley,
Aguereberry Point

Donnerstag, 6. Juli 2000, 8.20 Death Valley, Thorndyke Campground

Ich habe mit den üblichen Unterbrechungen gut geschlafen. Auf dem harten Boden dreht man sich nicht automatisch um - jedenfalls ich nicht. Irgendwann wache ich auf, merke, daß ich zu lange auf einer Seite gelegen habe, dann drehe ich mich auf die andere Seite. Morgens war es wieder kalt, brauchte Pullover und lange Jeans. Ganz früh heulte ein einsamer einzelner Koyote. Ich blieb lange im Schlafsack, hörte den Vögeln zu und schaute ihnen und den Chipmunks halbwach zu, wenn sie ins Blickfeld kamen. 
Beim Frühstücken am Tisch weiter oben hörte ich plötzlich ein lautes tiefes Brummen hinter mir. Ich dachte an einen Riesenkäfer, drehte mich um - sah nichts. Dann wieder das Brummen, dicht hinter mir. Ich konnte es kaum glauben: aber der Schattenriß auf dem Erdboden zeigte es mir: ein Kolibri - ein wahrer Hummingbird - flog mich an und hielt meine graublaue Noppenjacke für eine Art Blumenwiese. Ein paar mal höre ich am Morgen auch leises Rasseln. Ich schaute mich um, dachte an Klapperschlangen, sah aber keine einzige. Ich blieb den ganzen Morgen auf dem einsamen Campground, las und schrieb. Hier packte ich auch die Trommel aus und trommelte. Wie die Indianer. Dum dum dum dum Dum dum dum dum. Ich weiß jetzt, warum Trommeln so heilend wirken: die Trommel lenkt von inneren Gedanken und Beunruhigungen ab. Und: sie schlägt im Takt der Natur, im Takt des Herzens. Ich bin sogar in leichte Trance gekommen - vermutlich der Alphazustand. Die Tiere hat mein Trommeln nicht beirrt. Die Vögel flogen nach wie vor zwischen den Bäumen herum, die Chipmunks und Eidechsen bewegten sich auf dem Boden. "Betrachte jeden Menschen als eigene Gattung, und er wird dir auf der Stelle interessant und liebenswert erscheinen."

Donnerstag, 6. Juli 2000, 18.40 Death Valley, Aguerebery Point

Später kam eine Rangerin, hing Warnschilder wegen Feuergefahr aus! Gegen drei breche ich auf, fahre hinunter zum Wildrose Campground, wo ich mich mit fließendem Wasser waschen und die Wasserflaschen auffüllen kann. Dann geht es zum Aguerebery Point weiter. Ich lese dort. Zum Sonnenuntergang gehe ich wieder vor zum Felsvorsprung. Ein junges Paar mit Hund kommt an diesem Nachmittag vorbei. Der Hund läuft vor, begrüßt mich. Er arbeitet in Panamint Valley, sie ist eine Besucherin oder Touristin aus England. Er zeigt ihr stolz den weiten Blick. Dies hier sei der einzige Punkt, von dem aus man über das ganze Death Valley blicken kann. Ich widerspreche - der Blick reicht wohl nach Süden, aber nicht ganz in den nördlichen Teil. Die beiden bleiben nur kurz. Ich hole die Trommel, trommele eine ganze Zeit lang, fühle mich sehr gut dabei. An diesem Abend geht der Wind wieder sehr stark. Es ist fast ein Sturm. Ich habe wieder den Platz gefunden wie vor zwei Tagen, nächtige auf dem Weg. Ich liege warm und sicher. Aber meine Gedanken wandern zum Auto oben, das auf dem Bergkamm parkt. Wenn die Winde von unten über den Kamm streichen und stark genug sind, könnten sie mühelos ein Auto von unten erfassen, hochheben und herumwirbeln lassen. Blöde Gedanken, die mich beunruhigen. Die Möglichkeit, woanders hinzufahren, in einen geschützteren Bereich, verwerfe ich sehr schnell. Dann müßte ich jetzt - die Dunkelheit ist schon hereingebrochen - wieder auf der unasphaltierten Straße hart am Abgrund entlangfahren. So kann ich nur darauf hoffen und vertrauen, daß das Auto standfest genug ist - und die Windböen nicht stark genug. Immer wieder weckt mich der pfeifende Wind in dieser Nacht. Wenn das Auto vom Sturm gepackt in den Abgrund geschleudert wird - ich kann jetzt nichts mehr tun. Es ist sinnlos, über wahrscheinliche oder nicht wahrscheinliche Windböen zu spekulieren und akzeptiere die Ereignisse, wie sie eintreten. So kann ich einigermaßen schlafen. Eine innere Stimme oder ein Gefühl sagt mir, daß das Auto völlig sicher oben steht. Aber ich habe nicht ganz vertrauen können. Erst am Morgen schlief ich richtig ein. Zuvor sehe ich noch im ersten Morgengrauen am Himmel die schmale Sichel des neuen Mondes
 

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