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 Sonntag, Mai 07, 2000

Verachtung und Kleinbürger- Regina Berlinghof @ 18:28

 
Wieder mal eine Rezension von einem Stück gelesen, das im miefigen Kleinbürgermileu spielt. Titel und Autor spielen gar keine Rolle. Allmählich bekomme ich den Eindruck, daß im Abscheu vor Kleinbürgern die gleiche Verachtung und Ausgrenzung liegt, wie sie sonst gebrandmarkt wird, wenn sie sich gegen Ausländer, Frauen, Schwule und andere Minderheiten richtet. Das Problem ist nicht die Zielgruppe, sondern der überhebliche Glaube, verachten zu dürfen.  

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Altern- Regina Berlinghof @ 18:24

 
In der FAZ gibt es zur Zeit eine längere Reihe übers Altern: meist von Männern verfaßt und ziemlich miesepetrig. Auch Christa Wolf schrieb einen Beitrag. Ihr Thema: das Nachlassen der Attraktivität als Frau. Alt werden gleich häßlich werden. Darin ein guter Schuß Neid auf Junge und jung gebliebene. Auch Hans Wollschläger schrieb von der Häßlichkeit des Alters am vergangen Samstag. Eine ähnliche Einstellung erlebte ich als Schülerin und Studentin mit einer befreundeten Frau, die damals Mitte fünfzig war. Sie war sehr schön gewesen. Nun schrie jede Falte sie an, daß sie alt und häßlich wurde. Wenn sie sich es damals hätte leisten können, hätte sie sich liften lassen. Davon träumte sie - eine hochintelligente, gebildete Frau! Ihr Badezimmer quoll über mit Tigelchen und Töpfchen, Cremes und Puder. Meine Mutter, die gleich alt war, sich aber weniger Sorgen machte und nur mit Nivea ihr Gesicht pflegte, sah zehn Jahre jünger aus. 

Damals sah ich einen Streifen aus den fünfziger Jahren: "Der große Regen", ein Melodram, das in Indien spielt. Darin eine alte Maharani - ein Gesicht voller Falten. Aber auch ein Gesicht voller Ebenmaß, Schönheit, innerer Gelassenheit und Strahlen. Diese Frau war noch im Alter schön! Auch kürzlich ein Interview mit einer "alten" Frau, sicher jenseits der Sechzig. Nur noch Falten - aber eine lebendige Mimik, große leuchtende, intelligente Augen! Die Frau war noch immer jung - trotz Falten. Wenn ich an manch vergreiste Zwanzigjährige denke, die sich für den Rest des Lebens schon festgelegt haben und nur noch auf die Rente zuleben, dann erscheint die Frage des Alterns in einem ganz anderen Licht. Oder wenn sich jetzt Jungbrunnen- und Schönheitsdurstige irgendwelche Botulingifte in die Gesichtsmuskeln spritzen lassen, damit sie ruhig gestellt werden und glatt und "jung" bleiben, dann kann man/frau nur lachen - oder in Mitleid weinen. 

Ebenso erinnere ich mich an einen Fernsehbericht, den ich noch als Studentin gesehen habe: Der etwa achtzigjährige Fritz Kortner probte "Kabale und Liebe". Ferdinand war der junge Helmut Lohner. Aber der wirklich junge war Kortner. Der Mann hatte eine Energie, ein Temperament, eine Präsenz, daß seine jungen Schauspieler alt, verklemmt und verknöchert dagegen wirkten. Ähnlich später Antony Quinn im legendären "Alexis Sorbas". 

Bei diesen jungen "Alten" spürt man eins: Sie haben geliebt, gelebt und viel durchgemacht. Darum haben sie keine Angst mehr. Sie sind einfach sie selbst. Ohne danach zu schielen "Wie wirke ich, wie komme ich an, wird mir das nicht schaden usw". Später hatte ich das Glück, selbst eine solch lebendige und souveräne "Alte" kennenzulernen. So alt zu werden - das ist jedenfalls mein Wunsch (mit jetzt 52)! 

 

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 Freitag, April 28, 2000

Hitler, Clones und Fundamentalisten
- Regina Berlinghof @ 00:02
 

  1. Die FAZ meldet heute, daß die Russen Hitlers Schädel aufbewahren. Nun stelle man sich ein Szenario wie im Jurassic Park vor: ein Clone aus seinen Knochenzellen. Würde Hitler II. in einer anderen Zeit unter anderen Umständen wieder zum mörderischen Monster werden?

  2.  

     

    "Die Auferstehung von den Toten" bekommt plötzlich eine ganz neue Bedeutung, wenn man an das mögliche Clonen von Verstorbenen denkt.

  3. Für die Betroffenen schrecklich, aus der Ferne gibt es durchaus komische Aspekte: Die Verwalter absoluter Wahrheiten sind die ersten Verräter ihres Glaubens: Anstatt den Sieg des dialektischen Materialismus einfach abzuwarten, verhaften die kleingläubigen chinesischen Kommunisten die harmlos meditierenden Falun Gong Anhänger. Gehören Geist und Meditation nicht zum längst überwundenen Überbau?

  4.  

     

    Ebenso die fundamentalistischen Mullahs im Iran: Anstatt auf Allah zu vertrauen, ohne den doch nichts geschieht, fürchten sie die reformistischen, liberalen Zeitungen so sehr, daß sie sie verbieten müssen.

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 Freitag, April 21, 2000

FAZ: Anzeige oder Parodie? - Hirte und Schafe- Regina Berlinghof @ 20:36
 
Hirte und Schafe - "Dahinter steckt
immer ein kluger Kopf"

Anzeige oder Parodie?
 
 

Liebe FAZ und ZEIT,

ist das eine ernsthafte Anzeige oder die Parodie einer solchen? Bischof
Lehmann als der "kluge Kopf" in einer Doppelseitenanzeige der FAZ in der
Osterausgabe der ZEIT. Der einzige Mensch inmitten einer Schafherde. Das
Bild des Hirten und seiner Schäflein. Nur: Wozu tragen die Schafe
Nummern auf ihrer Wolle, wenn nicht zum Zählen für die Schlachtbank!
Und warum ragt der Kopf des Bischof über die Zeitung hinaus - aber
schwarz verhüllt? Seine Henkerskapuze? 

Das ist allerdings der wahre Karfreitag. Oder das, was vom Kreuzestod
übrig geblieben ist: die Fortdauer des Opferns. Einer, der sich zum
Hirten aufspielt und damit die anderen zur geistigen und religiösen
Schafherde entmündigt. Der Hirte und Henker, der seine Herde zur Schlachtbank
führt, wo den Schafen die Fähigkeit zur eigenen Erkenntnis des
Göttlichen ausgeredet wird. Daß nur einer Gottes Sohn war und
ist. Und nur seine Priester und Theologen wüßten, was er sagte
und wie er es meinte! Als ob wir nicht alle Kinder Gottes oder des Göttlichen
wären und dies selbst erkennen könnten. Sogar die Frauen. 

Können wir nicht alle ein Liedchen singen? Können nicht alle
Menschen lesen und schreiben lernen - und sogar mit dem Computer arbeiten?
Die einen besser, die anderen schlechter? Macht ein Mozart alle anderen
Menschen zu musikalischen Idioten?

Die Kirchen haben es fertig gebracht, daß die "schwarzen Schafe",
die Ungehorsamen, die Ungläubigen, die Aufmüpfigen, die selbständig
Denkenden alles, was mit Religion zu tun hat, in den Orkus geworfen und
Religion zu einem Märchen erklärt haben. Oder würde Musik
noch Spaß machen, wenn man nur noch Mozart hören müßte
- und zwar interpretationskonform nach den Vorgaben seiner Priester und
Apologeten?

Der einzige Trost: Inmitten der gekennzeichneten Schafe sind noch ein
paar schwarze! Denen konnte man keine Nummer aufdrücken! Und da sie
als schwarze Schafe verteufelt wurden, haben sie sich offensichtlich nicht
zur Schlachtbank führen lassen!

 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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 Dienstag, April 18, 2000

Ein paar Geschenkideen zu Ostern- Oliver Stahmann @ 22:01

Morgen Blaues Tier. Gedichte.
Sylvia Geist
DM 28,00
Gebundene Ausgabe - 47 Seiten (1997)
Klampen Vlg., Lüneb.; ISBN: 3933156386

Mirjam. Maria Magdalena und Jesus.
Regina Berlinghof
DM 48,00
Gebundene Ausgabe - 550 Seiten (1997)
D. Klotz, Vlg., Eschborn; ISBN: 3880742731

Aprilmechanik.
Ingo Schramm
DM 36,00
Gebundene Ausgabe - 317 Seiten (1997)
Volk u. Welt, Berlin; ISBN: 3353011099
 

Frosch, Aszendent Tausendfüßler.
Ariane Rüdiger
DM 29,80
Taschenbuch - 332 Seiten (1998)
Querverlag, Berlin; ISBN: 3896560301

Samsara. Erzählungen.
Doris Dörrie
DM 16,90
Taschenbuch - 328 Seiten (1998)
Diogenes, Zch.; ISBN: 3257230095

Compact Handbücher, Technische Formeln
Ingo Lachmann
DM 19,80
Gebundene Ausgabe (1998)
Compact-Vlg., Mchn.; ISBN: 3817470398

Vergitterte Jugend
Stefan Wagner
Taschenbuch (1994)
Bitter, Recklinghsn.; ISBN: 3790305154

Corrida. Erzählungen
Oliver Stahmann
24,80 DM
Paperback - 256 Seiten (2009)
Rowohlt Vlg., Reinbek; ISBN 191074007
 

Hoffe, ich habe niemanden vergessen, oder fälschlicherweise benannt.

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Erkältung- Regina Berlinghof @ 21:17
Die Erkältung tut richtig gut. Keine Schulungen mehr vor Ostern. Ich bleibe zuhause, nur kleine Erledigungen. Buch versenden, Rechnung schreiben, Briefe mit Einladungen zur Lesung versendet. Ich komme zum Lesen und Schreiben.
Letzten Donnerstag war ich so k.o., daß ich einen Kurs absagte und erst am nächsten Tag mitbekam, daß die Grundgesetzänderung zum Schutz der Tiere nicht durchkam. Der Mensch entwickelt sich zur Krebszelle der Schöpfung. Er kennt keine Selbstbegrenzung mehr. Krebszellen sind die, die nicht mehr sterben. Sie teilen sich unaufhörlich. Die übrige Welt spielt keine Rolle mehr. Die Hauptsache, sie setzen sich durch. Egal wie und zu wessen Lasten.
Ich merke, ich werde düster. Gut, daß dieses Jahr wieder ein Wüstenurlaub angesagt ist.

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 Freitag, April 14, 2000

Gesichtspflege- Regina Berlinghof @ 16:56
Ich warte an der Ampel und studiere die Gesichter der vorbeifahrenden Autofahrer. Leer, ausdruckslos, gelangweilt, müde, verbissen, blöd usw. Und dann fragt frau sich, wie sie wohl hinter dem Steuer aussieht...

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 Montag, April 10, 2000

Sprachmix- Regina Berlinghof @ 23:51
Man mixe Snackbar und Pizzeria - und fertig ist die Snackeria. Gestern auf der Rückfahrt von Rheinsberg auf der A5 gesehen. Und dieses blöde Wort hängt nach.

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 Dienstag, April 04, 2000

Bill Gates, Microsoft und der Wettbewerb- Regina Berlinghof @ 00:30
Es gibt noch Richter in Amerika!

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 Montag, April 03, 2000

Rosen u.a.- Regina Berlinghof @ 22:01

   

Stiefmütterchen am Grab gesetzt, jetzt über Umsatzsteuervoranmeldung
brütend. Im Tagebau finde ich eine Rose. Mir fällt im Moment
nichts ein - daher ein Zitat (von wem wohl?):

Schön sind die Rosen fürwahr
Nichts schöner ist.
Schön! wenn dir bei der Hand<
Der Becher ist.
Auf und trinke den Wein
Im Rosenbeet,
Weil die Dauer der Ros'
So flüchtig ist.
Itzt sind die Tage der Lust,
Genieß, genieß!
Weil in Muscheln nicht stets
Die Perle ist.
Welch ein seltener Pfad!
Der Liebe Pfad,
Wo der Führende selbst
Verirret ist.
Willst Du leben mit uns,
Wasch aus dein Buch,
Weil, was Liebe dich lehrt,
Im Buch nicht ist.

Hafis, Band  I, S. 335

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